Dienstag, 2. August 2011

Papa



 Nach Ankunft auf der Kompanie wurde ich vom UvD in Empfang genommen. An diesem Abend war es zufällig Unteroffizier Ammling. Er war auch einer von den neuen Unteroffizieren. Viel wusste ich nicht über ihn, nur das er Werkzeugmacher wie ich gelernt hatte aber mit Abitur. Sicherlich wollte er nach der Armeezeit studieren. Er nahm mich persönlich in Empfang. Müller du gehörst jetzt zu meiner Gruppe. Du ziehst auf das Zimmer 10 neben der Waffenkammer. Du weist, ihr liegt jetzt Diensthalbjahresweise zusammen. Noch ein Wort privat, mit deinen Zimmergenossen habe ich auch schon darüber gesprochen, macht mir keinen Stress und ich lass euch in Ruhe. Solange ich wegen euch keine Nackenschläge vom Major und vom Zugführer erhalte, werdet ihr von mir nicht viel merken. Wer ist denn unser Zugführer, wollte ich von ihm wissen. Luderer, antwortete er. Was Ammling sagte klang vernünftig und was den Oberleutnant betraf, wir werden sehen. Ich ging aufs Zimmer, mit einem lautem hallo begrüßte ich meine neuen Kameraden. Obwohl wir uns vom sehen her alle kannte, merkte ich sofort, du bist der Neue. Es war keine Ablehnung die mir entgegenschlug, eher wir werden mal sehen was du für einer bist. Meißner wies auf ein Bett in der anderen Zimmerecke, du schläfst unten, der Bengert oben. Der Spind daneben ist deine. Ich war erstaunt, normaler Weise wollte jeder das Privileg genießen und unten schlafen. Wie komm ich denn zu der Ehre? Bengert meinte, ihm interessiert es nicht wo er schläft. Wir waren neun Soldaten auf dem Zimmer ein Bett blieb frei. Da waren
Mario Bengert
Bernhard Müller
Jens Meißner
Bernd Rudolf
Uwe Kummer
Ulf Köster
Thomas Müller
Arno Klotzsche
Dietmar Werner
 Ulf meinte die Besten schlafen immer oben und lachte albern. Da wusste ich wenigstens wer der Zimmertrottel war. Ich zog los meinen Seesack holen und räumte meinen Spind ein. Im Anschluss bezog ich mein Bett neu. Bengert schaute mir zu wie ich das Laken unter die Matraze legte. Mühsam zog ich es straff. Bengerte meinte, mach doch einen Gummizug an die Enden des Lakens, da sparst du dir das Straffziehen. Schnell holte er Hosengummi und Sicherheitsnadeln und zeigte mir wie es ging. Eine feine Sache. Kurz vor Mitternacht war ich fertig. Während ich räumte saßen meine neuen Kameraden beim Bier. Meißner schob mir eins rüber und meinte da hasst du was verpasst wo die Neuen kamen. Wir haben Wache geschoben. Am KDL haben wir das Tor so richtig zu geplauzt, dass es ordentlich gescheppert hat. Bengert ergänzte und mit den Daumen haben wir gewunken. Mensch müsst ihr eine Zeit gehabt haben, dass ihr so etwas basteln konntet. Unsere E`s hätten uns in den Arsch getreten wenn wir einen gebastelt hätten. Mir ging ein Licht auf, die Tankerspringer sind nie so hart ran genommen worden von ihren  E`s. Wie ist es denn bei euch mit der Stubenreinigung? Es wurde ruhig im Zimmer, machen wir selber. Während der A – Kompanie hatten wir doch auch unsere Ruhe, sagte Kummer. Das stimmt, nur nach der  A – Kompanie werden die nicht aufgeteilt und dann lassen sie keine Luft mehr ran, würde ich ja auch nicht machen. Es herrschte ein betretenes Schweigen. Wer ist denn der Uffz. bei der A – Kompanie? Der Kippenhebel, meinte Bengert. Der war doch nun auch ein E geworden, da muss man einfach mal nachhaken. Am nächsten Tag ging ich mit meinem Anliegen zu den E`s auf die Bude und traf dort auf offene Ohren. Mit Gefreiten Schroth gingen wir zum Kippenhebel. Kippenhebel hieß eigentlich Kippenhahn und verfügte über einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn. Ich überließ Schroth die Verhandlung. Kippenhebel, lehnte es kategorisch ab, das die neuen Springer auf die Zimmer gingen um bei uns sauber zu machen. Ich sagte zu ihm, bisher wurden die Erfahrungen von Diensthalbjahr zu Diensthalbjahr weitergereicht. Wenn die Springer dann zu den Fahrübungen auf den Lkw kommen, was meinst du was die von uns vermittelt kriegen? Wenn es dann in deiner Gruppe nicht klappt, wer bekommt den Ärger mit dem Major? Kippenhebel wurde nachdenklich. Schroth stieß nach. Du brauchst gar nichts zu machen, du musst nur sagen wenn ein Dienstranghöherer befehle erteilt… Du brauchst auch keine Bedenken haben, wir werden sie nicht schikanieren, er nickte. Nur die Auflumpern werden wir etwas härter anfassen, das macht doch auch dir die Arbeit leichter, er nickte wieder. Am Abend machte ich mich auf zu Schroth, gemeinsam gingen wir zu den Springern aufs Zimmer. Natürlich rief unser Ansinnen bei den Springern keine Freude aus, war ja wohl logisch. Es war vorausrechenbar wie die ganze Sache ablief, zwei von den Springern waren die Wortführer, der Rest schwieg. Sie kannten sich ja untereinander kaum und waren mit sich selbst beschäftigt um einigermaßen klar zu kommen. Einer von den Wortführern ging zu Kippenhebel und kam mit hängenden Ohren wieder. Schroth machte ihnen noch einmal klar, zwei Mann zu den E´s und zwei Mann zu den Vizes. Schikane gibt es keine. Der Rest macht die eigene Stube sauber, da kommen alle gut weg. Ich schnappte mir den einen Wortführer und den der auf mich den ängstlichsten Eindruck machte und nahm sie mit auf unser Zimmer. Meiße teilte ihnen die Arbeit zu. Als sie fertig waren sagte ich zu dem ängstlicheren Typ du kannst auf dein Zimmer gehen und zu dem Anderen, Morgen früh vor dem Morgenappell mein Bett bauen, verstanden. Er hatte es verstanden und nickte. Ulf fing dann auch gleich an, da kann er ja mein Bett mitbauen. Ich sagte zu ihm, hol dir deinen eigenen Springer aber denke daran, noch sind sie nicht vereidigt. Am nächsten Morgen machte Bengert dem Springer klar jeder von ihnen hat zwei Betten zu bauen. Formal wurde die A – Kompanie immer einen Kompaniechef unterstellt. Unser Kompaniechef war der dicke Schmalz gewesen, aber das eigentliche sagen bei uns hatte Roos gehabt und auf der zweiten Kompanie Major Lemke. Diesmal war die A – Kompanie Roos unterstellt. Ich war mir ziemlich sicher, solange wir die Springer nicht schikanieren und es keine großen Beschwerden gab, würde Roos niemals etwas Ernsthaftes gegen die EK – Bewegung unternehmen. Er wusste ganz genau er würde gegen eine Wand rennen, schließlich brauchte er ja seine E`s. An der EK – Bewegung war schon Schmalz gescheitert. Am Montag nach dem Morgenappell wurde ich zum OvD bestellt. Das war äußert ungewöhnlich. Ich begab mich zum Bataillonsstab und klopfte an die Türe. Es rief herein, Oberfähnrich Skibbe saß im Vorzimmer. Er war der GOvD. Ich klopfte meinen Spruch, Soldat Müller wie befohlen zur Stelle und Grüßte. Oberfähnrich Skibbe, war im Bataillon der Keulenverwalter. Nicht das wir bei uns mit Keulen kämpften, so wurde jene Person betitelt die die Anträge auf Dienstzeitverlängerung bearbeitete. Was es so für Posten gab, denn wer verlängerte schon freiwillig seine Dienszeit? Ich hatte noch keinen kennen gelernt. Skibbe bat mich zu warten, der OvD  käme gleich. Nach 5 Minuten kam der OvD ins Zimmer es war Hauptmann Knoll von der Zweiten. Ich sprang auf  Grüßte und rasselte meinen Spruch herunter. Müller meinte er, sie werden die Feuerwache als leitender Soldat übernehmen. Ich erkläre ihnen jetzt ihre Aufgabe. Ab sofort unterstehen sie nicht mehr dem Befehl von Major Roos. Weisungsberechtigt ihnen gegenüber ist der Chef der Feuerwache, Oberleutnant Friedrich vom Sanitätsbataillon, der Chef des Transportbataillon, der OvD und der GOvD. Die Feuerwache wird ständig mit 4 Soldaten und Gefreiten besetzt sein. Denen gegenüber sind sie weisungsberechtigt. Nach 18.00 Uhr haben sie aller zwei Stunden einen Kontrollgang auf die Kompanien zu machen, den haben sie sich durch Unterschrift vom UvD bestätigen zu lassen. Beginn des Rundganges ist beim OvD. Den Aufgabenbereich werden sie sich teilen mit den zwei anderen Genossen von ihrem Lehrgang. Tagsüber haben sie sich mit ihren Soldaten zur Verfügung zu halten. Mir war klar was das hieß, abgammeln. Ich wollte gerade abtreten, da sagte der Hauptmann, Müller Feuerwache ist Dienstzeit, da gibt es keinen Urlaub und Ausgang. Wir werden sehen, nichts wird so heiß gegessen wie es gebraten wird. Ich ging auf die Kompanie und meldete mich beim Major. Der war natürlich längst unterrichtet und brüllte mich an, Mensch Müller haun sie ab, und kommen sie ja nicht auf die Idee hier nach Dienstschluss Fern zu sehen, sie haben nichts auf der Kompanie zu suchen, solange sie nicht meinem Kommando unterstellt sind, es sei den es ist dienstlich. Das war typisch Roos, die Verkörperung des Bösen. Dass der im Kopf nicht ganz richtig war wusste jeder, aber mich interessierte sein Gequatsche sowie so nicht. Jetzt wo ich als Vize fersehen konnte, wollte er mir das verbieten. Der muss doch wohl nicht ganz dicht sein. Die Feuerwache befand sich auch in dem Gebäude der dritten Kompanie, gleich neben der Waffenwerkstatt für Sportschützen im Erdgeschoss. Während des ersten Diensthalbjahres war ich schon einmal in der Feuerwache gewesen, als mich die Bandmaßspringer zum Umtrunk eingeladen hatten. Daher wusste ich wie es da aussah. Ich nahm nur das Notwendigste mit runter und machte es mir gemütlich so gut es ging. Nach 14.00 Uhr kamen die restlichen Soldaten. Einer von ihnen war der Gefreite Theo Siebert. Er war der Kradmelder von unserer Kompanie. Müller meinte er, du wirst Nachts meine Runden mitlaufen. Ich sagte du tickst wohl nicht richtig, du vergisst hier bin ich der Chef, auch wenn es dir nicht passt. Wie wäre es denn ich befehle dir, meine Runde mitzulaufen? Müller du hast wohl Höhe, brüllte er. Ich teilte die Soldaten so ein dass jeder nachts laufen musste. Die 20 und 22.00 Uhr liefen mussten Früh 04 und 06.00 Uhr noch einmal gehen. Am nächsten Tag verschob ich den Dienst um zwei Stunden. So kam jeder in seiner Dienstwoche in den Genuss, zu jeder Nachtzeit wenigstens einmal laufen zu müssen. Vorbildlich wie ich war machte ich mich als erster auf. Oberleutnant Werner von der zweiten Kompanie war der OvD. Er schaute mich an und unterschrieb für die ganze Nacht. Eine feine Sache, alle UvD`s machten es dem OvD gleich. So konnten wir die ganze Nacht schlafen. Am Mittwoch dem 07. 05. 1980 bekam ich Post von meinem Vater. Ich wunderte mich, der schrieb doch fast nie. Ich war am 05. 05. Papa eines strammen Sohnes geworden. 14 Tage vor dem Termin. Aufgeregt rannte ich zum Telefon und versuchte Vater zu erreichen. Es war niemand zu Hause. Ich versuchte es noch einmal nach 18.00 Uhr und meldete ein R – Gespräch an. Vater war zu Hause er kam gerade aus dem Krankenhaus. Ist alles dran meinte er und Cornelia geht es auch gut. Sieh mal zu dass du übernächstes Wochenende Urlaub bekommst, dann sind beide aus dem Krankenhaus. Ich werde es versuchen sagte ich, aber eher nicht, ich muss Feuerwache schieben.
Telefonieren war auch so eine Sache, die wenigsten hatten ein Telefon zu Hause und wenn kosteten Ferngespräche nach Dresden auch ordentlich Geld und bei uns Landser war das immer knapp. Aber die Meisten hatten sich was einfallen lassen. Ich hatte mir eine kleine Kelle gebastelt bzw. von Gefreiten Reifke übernommen und noch ein bisschen nachgefeilt und gebogen. Die schob man in den Geldeinwurf bis auf Höhe des Geldzählers und schon konnte man kostenfrei telefonieren. Andere hatten ein Geldstück an einem Bindfaden befestigt und ließen es bis zum Geldzähler herab. Nach dem Telefonat zog man beides einfach wieder raus.

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