Montag, 7. November 2011

Der Löffel

Den Tag nach der Übung war Tankerwaschen angesagt. Danach begann die große Fahrzeugumstellung auf das Frühjahr. Durch die Ereignisse in Polen war alles in Verzug geraten. Aber so langsam kam alles in seine geordnete Bahn. Roos teilte uns E`s mit hämischer Freude mit, dass wir genau am 30.04. entlassen werden und keinen Tag eher. Er wusste genau wir hatten auf die Entlassung am 28.04. gehofft. Obwohl es sich nur um zwei Tage handelte saß der Stachel tief.   Des Weiteren verkündete er, wer nicht von seinen Angehörigen, Freunden oder Bekannten abgeholt wird, fährt in einem Sammeltransport nach Hause. Na das war vielleicht ein Ding. Ich rief bei Vatern an und fragte nach ob es möglich ist, mich abzuholen und noch zwei Kameraden mitzunehmen. Das dürfte kein Problem sein, meinte er. Was eher ein Problem für mich war, das war der letzte Brief von Conny. Sie bat mich am 30. 04. und am 01.05. nicht zu ihr zu kommen. Sie wäre bis 01.05. noch bei Freunden und erst am Samstag wieder zu Hause. Ich war tief enttäuscht, ich hatte mich so auf den Tag und das Wiedersehen mit ihr und Thomas gefreut. Aber ich ließ mir die Enttäuschung nicht anmerken und versuchte sie zu kaschieren. Zu meinen Kameraden auf dem Zimmer sagte ich, am Tag der Entlassung da wird gefeiert, die Familie muss warten. Dabei war mir ganz Elend zumute. Es nützte nichts, da musste ich durch. Ich fragte mich sowie schon eine ganze Weile, was mir das Leben nach der Armee bringen wird. Eins war klar, es wird ein völlig neues Kapitel in meinem Leben werden. Jetzt galt es erst einmal die letzten Tage bei diesem Verein abzureisen und gesund und munter zu bleiben. Für Dietmar und Meise bedeutete das, den angegammelten Diesel in die umliegenden Kasernen zu fahren, während wir im Fahrzeugpark die Umstellung der Fahrzeuge auf das Frühjahr mit machten. Viel wurde dabei nicht mehr von unserer Seite. Wir waren in Gedanken schon zu Hause. 14 Tage vor der Entlassung kam Roos auf die Idee Erinnerungsfotos zu machen. So recht wussten wir nicht was wir davon halten sollten. Denn wer dachte schon gerne an die Armee zurück? Auch wenn man das Schlechte mit der Zeit vergaß, den mahnenden Zeigefinger werde ich immer vor Augen haben. Andererseits ein paar Bilder von den Kameraden mit denen man 1 ½  Jahre zusammen war, ist keine schlechte Sache. Roos ließ einen Tanker und einen Sattelschlepper auf den Exerzieplatz fahren, wir stellten uns in Pose und Roos fotografierte. Beim Morgenappell gab er  bekannt, dass die E`s sich Zivilklamotten schicken lassen können. Dafür erntete er nur höhnisches Gelächter. Aber ich glaube Roos hatte auch keine andere Reaktion erwartet, denn ihm war schon bewusst, dass jeder E und fast jedes Zwischenschwein Zivilsachen auf der Kaserne heimlich gebunkert hatte. Wir feierten noch einmal eine Riesenparty als wir nur noch einspurig fuhren und dann kam die Tage wo wir von Früh bis Abend Sender der DDR hörten. Es ging das Gerücht, so um die 7 Tage vor der Entlassung würde jedes Mal ein Lied von Andreas Holm gespielt, noch siebenmal Morgenrot. Tatsache am achten Tag vor unserer Entlassung spielte Radio DDR dieses Lied. Ob das Zufall war oder gezielt gespielt wurde war völlig egal. Wir stellten das Radio laut, so das es auch auf dem Flur zu hören war, grölten den Refrain mit und schwangen unser Maßband. Der Böse tobte wie Rumpelstilzchen auf dem Flur hin und her, es interessierte niemanden. Am Vormittag des vorletzten Tages lief mir im Treppenhaus Roos über den Weg. Wie ein kleiner dummer Junge sagte er zu mir, heute habe ich es geschafft, sie bekommen keine Quali I Spange. Na und sagte ich zu ihm, morgen bin ich zu Hause. Ich ließ ihn stehen. Während seine Gesichtszüge erstarrten, wurde mir bewusst, wie sehr ihn das beschäftigt haben musste. An diese olle Spange hatte ich schon längst nicht mehr gedacht. Das Gequatsche von Patschen hatte ich sowie nicht für bahre Münze genommen und mit der Spange gar nicht gerechnet. Gegen 14.00 Uhr war Bataillonsappell. Zirl übergab die Auszeichnungen und die Entlassungstücher. Einige Gefreite wurden zu Unteroffizieren der Reserve befördert. Mario blieb Soldat. Diesmal nahm er es mit Humor und freute sich auf zu Hause.  Zirl sagte Morgen wird er noch eine kurze Ansprache halten wollen, vor den Angehörigen der zukünftigen Reservisten. Die Ansprache würde 10.00 Uhr auf dem Exerzierplatz stattfinden. Wir sausten mit unseren Tüchern auf die Zimmer der anderen Ek`s, wegen der Unterschrift. Als wir alle hatten banden wir uns die Tücher um. Wir feierten noch bis in die späte Nacht. Morgen würde ich mit Arno, Guido und Thomas nach Hause fahren. Vater würde sie bis Dresden Neustadt mitnehmen. Von dort könnten sie mit dem Zug bis Kamenz fahren. Dreiviertel Zehn ließ uns Roos auf der Kompanie antreten, um im Anschluss auf sein Dienstzimmer zu verschwinden. Fünf vor 10 kam der OvD, wo wir blieben. Roos ließ den OvD nicht in sein Dienstzimmer. Viertel Elf kam der Batailloner persönlich um uns zu holen. Er tobte wie ein Verrückter vor Roos seinem Dienstzimmer. Roos blieb wo er war. Zirl nahm uns so mit. Einen größeren Gefallen konnte der Böse uns gar nicht machen. Gehässig lachend verließen wir die Kompanie. Als wir den Exerzierplatz betraten suchte ich mit den Augen meinen Vater und winkte ihm dann zu. Was Zirl zu sagen hatte, ich weise es nicht. In Gedanken war ich schon zu Hause. Zum Abschied pöbelte mich Zapfenludi vor meinem Vater noch einmal an. Ich sagte, verschwinde du Armleuchter. Als wir vor dem Kasernentor standen drehten wir uns alle um und warfen den obligatorischen Löffel über das Tor. Ich schaute meinem Löffel solange hinterher bis er verschwand. Nach dem alle scheppernd gelandet waren brachen wir in einem unbeschreiblichen Jubel aus.

Donnerstag, 3. November 2011

Die letzte Übung

Wenn eine Übung angesetzt war mussten wir uns im Vorfeld mit dem Nötigsten eindecken. Das Nötigste hieß bei uns Rauchern Zigaretten. Ich war mal wieder knapp bei Kasse und besorgt mir zwei Schachteln Zigarillos von der Marke Bodespitzen. Das waren schon fast Stumpen nur mit Mundstück. Kurz bevor es losging herrschte im Bataillon eine gedrückte Stimmung. Die Frage war, geht es nach Polen oder nicht. Macht Euch nicht soviel Gedanken meinte Meise, wir können es sowieso nicht ändern. Da hatte er zweifelsohne recht. Meise und Rudi blieben mit ihren Tankern in der Kaserne. Die Übrigen rückten aus. Als Beifahrer hatten sie mir Fähnrich Brausewetter auf den Bock gesetzt. Das der mit ran musste, zeigte schon den Ernst der Lage. Brausewetter hatte noch nie eine Übung mitmachen müssen. Der saß immer auf seinem Außenposten im Tanklager Erfurt – Marbach und machte sich  einen Bunten. Er führte dort ein recht ziviles Leben. Glücklich war ich nicht darüber, dass gerade er auf meinen Tanker kam, denn schließlich war er der Saufkumpan von Roos. Da musste man sich jedes Wort dreimal überlegen. Am späten Nachmittag ging es los. An der Autobahnauffahrt warteten schon die Alliierten und beobachteten unser Treiben.  Wir fuhren Richtung Hermsdorfer Kreuz. Wie immer wenn es in die Richtung ging machten wir zwischen Jena und Stadtroda unseren obligatorischen Zwischenstopp. Diesmal fuhren wir erst nach dem Hermsdorfer Kreuz auf die Autobahn Richtung Leipzig. Bei Halle endete die Autobahn. Weiter ging es die Landstraße Richtung Magdeburg. In Magdeburg gab es so etwas wie eine Stadtautobahn. Auf dieser querten wir gegen Mitternacht die Stadt und fuhren weiter Richtung Letzlinger Heide. Mit Brausewetter hatte man seine liebe Not. Nach einer halben Stunde Fahrt fragte er mich, ob er sich eine Zigarette anzünden könnte. Denn schließlich war das Rauchen auf den Tankern streng verboten. Es störte mich nicht. Denn heimlich rauchten wir sowieso auf dem Tanker. Als ich mir später dann ein Zigarillo anzündete fing Brausewetter an zu speckern. Ich wüsste schon, dass das Rauchen auf dem Tanker verboten ist. Ich schaute den Fähnrich an und fragte ihn ob er keine anderen Sorgen hätte. Na ja meinte er, wegen Roos, wenn er das mitbekommt, würde er den Ärger kriegen. Zurecht, sagte ich, sie haben schließlich angefangen mit dem Rauchen. Außerdem mache ich diese Scheiße schon fast 1 ½ Jahre mit, ob er wirklich glaubt das ich mich von Roos erwischen lasse. Er sagte nichts mehr. Aller zwei Stunden ließ Roos eine Rast machen. Ich jagte Brausewetter los Proviant fassen, da kam er wenigstens auf andere Gedanken. Wenn er nichts zu tun hatte schlich er bei Roos rum und machte sich wichtig. Der musste einfach beschäftigt werden und spannte ihn bei den technischen Kontrollen mit ein. Kurz bevor wir am frühen Morgen unseren Bezugsraum erreicht hatten ging bei meinem Fahrzeug während der Fahrt der Motor aus. Am Tank konnte es nicht liegen, es musste etwas anderes sein. Ich machte die Warnblinker an und ließ den Tanker an den Straßerand rollen. Rose unser Kradmelder hatte aufgepasst. Keine 5 Minuten später war Roos zur Stelle und kurz darauf kam Uffz. Böhr mit seinem 813 Tatra. Auf dem saß Oberleutnant Herde. Der meinte zu Roos, das wird die Einspritzpumpe sein, die ist ja erst gestern gewechselt wurden. Da hat sich bestimmt ein Verbindungselement gelöst. Roos fing schon wieder an rum zu schreien, Müller warum haben sie während der Rast die Pumpe nicht überprüft. Noch ehe ich etwas sagen konnte, antwortete Herde an meiner Stelle. Die Einspritzpumpe ist verplombt, da kann niemand rumspielen. Roos winkte ab, Müller ich schicke ihnen den Kradmelder entgegen der weist sie dann ein. Der Böse verschwand, Herde lachte, in einer halben Stunde war der Schaden behoben. Ich fuhr Böhr solange hinterher bis Rose mit seinem Motorrad kam. Nach 10 Minuten Fahrt wies  er mir meinen Stellplatz zu und meinte tarne dein Fahrzeug genau unter dieser Tanne ab, Roos kommt kontrollieren. Mit Brausewetter machte ich mich an das Abtarnen. Gemeinsam rollten wir die Netze über den Tanker und brachten die Zeltstangen darunter an. Kaum waren wir fertig kam Gableske mit seinem UAZ und Roos. Schon von weitem hörte ich ihn toben, Müller wo stehen sie mit ihrem Tanker rum. Er fuchtelte wild mit seinen Armen in der Luft herum. Kaum am Tanker angelangt sprang er aus dem UAZ und brüllte mich an, was ich mir raus nehmen würde hier zu halten. Ich sagte zu ihm, hier bin ich eingewiesen worden und deswegen stehe ich hier. Er brüllte weiter wie besessen, EK, EK schreien, aber nicht wissen wo man zu parken hat. Wer hat sie hier eingewiesen? Ich schaute Roos an und sagte angefressen, na wer schon, der Kradmelder. Es ist schlimm dass sie nicht wissen, wenn sie den Befehl gegeben haben. Wo soll ich denn ihrer Meinung nach parken?  Na eine Tanne weiter, brüllte er. Ich schaute ihn fassungslos an, eine Tanne weiter sagte ich, das sind nicht mal zwei Meter. Ja eine Tanne weiter schrie er und stieg in seinen Jeep. In dem Moment kam Rose mit seinem Motorrad aus der nächsten Waldschneise auf uns zu gefahren.
Roos sprang aus seinem Jeep und stürzte sich auf ihn. Wo haben sie den Gefreiten eingewiesen? Na unter der ersten Tanne, wo er jetzt steht, antwortete Rose. Der Böse tickte völlig aus, sie Lump, sie Vaterlandsverräter, ich schieße ihn ins Bein. Er zog seine Makarow.
Ich rief zu Rose, gib gas und hau ab.  Rose gab gas und haute ab. Der Major schaute mich an, steckte seine Pistole ein, stieg wieder in den UAZ und verschwand. Fassungslos hatte Fähnrich Brausewetter zugeschaut, der ist ja nicht nur verrückt, der ist allgemeingefährlich.
Wie lange dienen sie schon unter dem verrückten Pistolero, fragte ich ihn? Mehr sagte ich nicht dazu, denn eine Stunde später, da war ich mir ganz sicher, wäre Roos wieder sein bester Kumpel. Wir tarnten den Tanker ab, fuhren zwei Meter nach vorne und tarnten ihn neu. Nach Stunden des rumgammelns ging es weiter, kreuz und quer ging es durch die Heide bis wir den neuen Bezugsraum erreicht hatten. Im Abstand von 10 Metern parkten wir unsere Fahrzeuge ab. Nach ca. einer Stunde kam Soldat Vogel mit seinem Tanker durch und betankte unsere Fahrzeuge. Der Einfüllstutzen für den Diesel befand sich ziemlich weit oben, so das er die Lkws von einem kleinen Aufstieg der sich an den Tankern befand auftankte. Beim Betanken tropfte etwas Diesel auf die Sprossen. Er rutschte aus und goss mir ungefähr 10 Liter Diesel über den Schopf. Ich stank wie die Pest und war dementsprechend sauer. Ich kramte aus meinem Teil 2 Ersatzunterwäsche und ging zur Wasserkuh. Freilich gab es nur kaltes Wasser. Es nützte nichts, ich reinigte mich so gut ich konnte. Aber man stank immer noch wie so ein Moschusochse. Denn eine neue Uniform war während der Übung nicht zu bekommen. Auf einmal hieß es, sollten Kampfhubschrauber auftauchen, hätten wir in Fahrtrichtung gesehen rechts in die Wälder zu verschwinden und sich um die Gruppenführer zu sammeln. Die Kampfhubschreiber kamen, eine ganze Staffel. Sie flogen auf Wipfelhöhe der Bäume in der Schneise entlang. So wie man sie hörte waren sie auch schon da. Ich war schwer beeindruckt und rannte in den Wald. Hätten mich die Hasen gesehen wären sie vor Neid erblasst. Wenn da mal einer abschmierte, würde hier das Inferno ausbrechen.  Ein Teil der Sattelschlepperfahrer wurden mit ihren Fahrzeugen am späten Abend abkommandiert. Sie mussten  Spritfässer bei den Panzern tauschen. Ich wurde zur Feldwache abgestellt. So war mit schlafen auch nicht viel. Als mir dann doch ein paar wenige Stunden blieben, legte ich mich, wie es mir als E auch zustand, an den Kanonenofen im Zelt. Das war der wärmste Platz. Wie in einem Bienennest schliefen die E`s am Ofen und die Springer am Rand des Zeltes. Wie lange ich geschlafen hatte weis ich nicht, auf einmal rüttelte mich jemand ganz heftig. Es war Uffz. Remus, der rief Müller du brennst. Tatsache mein Hosenbein hatte sich entzündet. Klar das war ja auch ordentlich mit Diesel getränkt. Am nächsten Morgen, damit keine lange Weile aufkam, hatte Roos Übungen angesetzt. Unter anderen war wieder die ABC – Ausbildung auf der Tagesordnung. Spielvogel und ich schauten uns an. Das mussten wir uns nicht antun mit Schnuffi und Schutzanzug rum rennen. Frank meinte komm wir gehen zu meinem Fahrzeug und dort hauen wir uns aufs Ohr. Wir schlichen uns von dannen. Auf einmal klopfte es wie wild an der Fahrertüre, jemand rief, kommen sie daraus. Frank schaute nach draußen und meinte du gute Güte, Pfeffer und Scheffler stehen vor der Tür. Beide waren stellvertretende Divisionskommandeure, Pfeffer war vor wenigen Wochen zum Oberstleutnant befördert wurden und Scheffler war es schon eine ganze Weile. Was wir hier machen, wollten sie wissen. Was für eine Frage, das hatten sie doch gesehen, das wir abgemattet hatten. Also antwortete ich schlafen, Genosse Oberstleutnant. Frank ergänzte, wir waren die ganze Nacht im Einsatz gewesen und irgendwann müssen wir mal schlafen. Ich lachte in mich rein. Sie wissen wohl gar nicht dass es für die gesamte Division ABC Alarm gegeben hat. Ein dummer Zufall, dass das gerade mit Roos seiner Übung zusammen fallen musste und sie das auch noch kontrollierten, war aber nicht zu ändern. Nein, Genosse Oberstleutnant riefen wir. Pfeffer meinte, na dann wollen wir doch mal. Stellen sie ihre Gefechtsanzugsordnung her. Kaum hatten wir die Anzugsordnung hergestellt, rief er Schutzanzug anlegen und stoppte die Zeit. Das hätte er sich schenken können. Die Zeit schafften wir spielend. Im Anschluss jagte er uns um eine Sandgrube die in der Nähe war. Alles Pillepalle, so etwas machte uns nicht an, erst recht nicht, das wir uns im Anschluss bei Roos melden sollten. Roos lachte darüber und rief das geschieht euch beiden recht. Nach dem Mittagessen musste ich zu Zapfenludi, Müller sie werden jetzt abkommandiert. Sie bekommen als Beifahrer Soldat Große mit. Große war Springer und begleitete den Posten eines Spiesschreibers. Er war bis jetzt kaum Lkw gefahren. Da musste man aufpassen dass er richtig spurt. Luderer quackerte weiter, sie werden das Panzerbataillon 4 begleiten. Dort geben sie den Sprit an Uraltanker ab und stoßen morgen wieder zu unserer Truppe. Sie werden dem Oberleutnant Müller unterstellt, der ist für sie verantwortlich. Eine Stunde später erschien er mit einem Ural, den fuhr er selber. So etwas sah man selten. Wir machten uns auf zum Treffpunkt. Dort warteten wir 6 Stunden auf das PB 4. Ein Teil der Panzer war bei der Elbquerung im Schlamm eingebrochen. An der Oberfläche war die Erde fest gewesen aber 20 cm darunter war alles zu spät. Mit Räumpanzern mussten die normalen Panzer rausgezogen werden. Wir wurden der Stabskompanie des PB 4 zugeschlagen. Die bestand hauptsächlich aus Uralfahrzeugen der verschiedensten Art, unter anderem aus Tankern und der Feldküche. Es sollte über Zerbst Richtung Jüterbog gehen. Ich fragte Große ob er sich zutraut den Tanker zu fahren, da könnte ich ein wenig schlafen. Er war begeistert. Ich wies ihn in die Besonderheiten ein und sagte zu ihm keine Panzerstraßen, das schafft der Tanker nicht. Das ist ein ausdrücklicher Befehl von Roos und das war nicht gelogen. Schnell schlief ich ein. In den letzen 72 Stunden hatte ich gerade mal 5 Stunden geschlafen. Auf einmal gab es einen gewaltigen Ruck, ich wurde munter. Der Motor heulte auf  die Räder drehten durch. Wo sind wir, fragte ich Große? Auf einer Panzerstraße. Du Idiot, blaffte ich ihn an und stieg aus. Große jammerte rum, dass er auf Befehl von Oberleutnant Müller gefahren wäre. Na hoffentlich schaufelt er den Tanker für dich frei, sagte ich böse und holte meine drei Schaufeln aus dem Tanker. Die Fahrzeugkolonne war gut organisiert, man merkte die Truppe war eingespielt. Sie hatten mitbekommen, dass der Tanker fest hing. Keine 5 Minuten später standen der Bataillonskommandeur und sein Stellvertreter neben meinem Tanker. Beide waren sie vom Dienstgrad Oberstleutnant. Sie schnappten sich zwei Schaufeln und fingen an die bis zu zweidrittel versunkenen Räder frei zu schaufeln. Die dritte Schaufel drückte ich Große in die Hand. Inzwischen kam Oberleutnant Müller mit seinem Ural rückwärts gefahren. Jeder Ural war mit einer Seilwinde versehen. Ich hängte den Tatra an das Seil. Danach untersuchte ich mein Fahrzeug auf Schäden. Das Ersatzrad das unter dem Tanker befestigt war musste noch freigeschaufelt werden, ansonsten könnte es die Halterung beim Freischleppen abreisen. Die Befestigung des Nummernschildes hatte es im 90 Grad Winkel abgebogen. Ansonsten waren keine Schäden weiter sichtbar. Ich fragte den Oberstleutnant, wie lang die Panzerstraße noch wäre. Er schaute auf sein Messtischblatt und sagte ungefähr noch einen Kilometer. Mir wurde ganz anders. Da konnte noch viel passieren. Wir entschieden den Tanker nach dem Freischleppen am Haken zu lassen. Mühelos zerrte der Ural meinen Tanker frei. Große saß am Lenkrad, während ich schaute dass der Tanker genug Bodenfreiheit bekam. Nachdem der Tanker frei war übernahm ich das Fahren. Eine halbe Stunde später hatten wir den Bezugsraum erreicht.
Bevor ich die Technik einsatzbereit machte, legte ich mich noch einmal unter den Tanker. Es war wirklich kein Schaden zu erkennen. Die Halterung vom Nummernschild war angebrochen. Ich entschloss mich sie nicht gerade zu biegen. In der Kaserne konnte ich sie anschweißen lassen, sollte sie wegbrechen. Große beauftragte ich den Tanker im Sichtbereich  und vor allem um das Ersatzrad vom Sand zu befreien. Nach dem ich die Technik startklar gemacht hatte, sprang ich vom Tanker und stolperte in den nächsten Busch. Mit der Fußspitze stieß ich an einen Gegenstand. Ich bog den Busch auseinander, da lag eine Granate ungefähr einen halben Meter lang und 100 Millimeter im Durchmesser. Keinen Meter weg vom Tanker. Entsetzt sauste ich zum Oberleutnant und der zum Oberstleutnant. Staunend standen wir um die Riesenmumpel. Der Oberstleutnant beorderte einen Waffenexperten zum Fund. Der gab Entwarnung, ist nur eine Übungsgranate, die ist nicht gefährlich. Aber so richtig wohl war mir trotzdem nicht. In den nächsten Stunden gab ich meinen Sprit an zwei Uraltanker ab. Sobald diese ihren Sprit an den Bestimmungsort gefahren hatten kamen sie wieder und das Spiel fing von vorne an. Am Nachmittag war die Arbeit erledigt. In unmittelbarer Nähe standen gigantische Bunker herum. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Mit Oberleutnant Müller lief ich zu so einer Anlage. Meterdicke Betonwände, einfach gigantisch. Wir stöberten bestimmt eine Stunde in dem Objekt herum. Müller meinte nach dem Krieg hätte hier die SS drinnen gesessen. Die Russen hätten versucht sie rauszubomben, keine Chance. Sie mussten die SS aushungern. Naja bei der Story hatte ich meine Zweifel, denn mit Gas hätte man das schneller erledigt, aber ich sagte nichts. Neben dem Bunker lag eine Panzerstraße. Ohrenbetäubender Lärm ließ uns aufhorchen. Panzer waren im Anmarsch. Alles T 72 Panzer meinte Müller begeistert. Mich interessierte das wenig. Ich machte mir Gedanken, wie wir von hier wieder weg kommen und fragte den Oberleutnant diesbezüglich. Der meinte, er hätte heute Vormittag schon eine Strecke abgefahren, die würde ich ohne größere Probleme auch bewältigen können. Sollte es trotzdem Probleme geben, käme ich wieder an den Haken. Kurz vor Mitternacht brachen wir auf. Wir mussten die Panzerstraße queren, natürlich hingen wir wieder fest. Aber es war das letzte Mal. Nach einer halben Stunde erreichten wir eine Landstraße. Es tauchte im nächtlichen Dunst eine Ortschaft auf. Doch was war mit dem Ortsschild los, es sah so komisch aus? In kyrillischen Buchstaben stand da altes Lager. Ich war fassungslos, mitten in der DDR eine russische Ortsbezeichnung. Wo waren wir nur hingekommen? Es ging weiter über Jüterbog, Herzberg nach Schlieben. Hier befand sich ein großes Tanklager der NVA. Müller verabschiedete sich von mir, er fuhr zurück. Ich wartete auf unsere Truppe. Die sollte in zwei Stunden hier eintreffen. Im Tanklager gab es mehr zivile Kräfte wie Soldaten. Ich fragte einen der Zivilangestellten ob wir hier duschen könnten und erzählte ihm von meinem Missgeschick. Kein Problem meinte er, wir haben auch noch eine neue Wattekombi für dich. Du brauchst bloß die Schulterstücke wechseln. Was ich auch ganz schnell tat. Nach dem Duschen fühlte ich mich wie neu geboren. Dann kam auch schon Roos mit seiner Truppe. Kaum angelangt schlich er um meinen Tanker. Er musste wohl seine Erfahrung mit solchen Einsätzen gemacht haben. Er sah mein Nummerschild, na Müller brüllte er, sind wir trotz meines ausdrücklichen Befehls die Panzerstraße lang gefahren. Große neben mir wurde klein. Nee, Genosse Major antwortete ich, wir haben eine gequert, da ist es halt passiert. Er kroch halb unter den Tanker und knurrte böse, biegen sie das Nummernschild gerade. Ich gab zu bedenken es könnte wegbrechen. Zu allem zu blöde, schaute mich verächtlich an und machte es selber. Er hatte das Nummernschild in der Hand. Wütend schmiss er es mir vor die Füße. Ich grinste gehässig.
Roos teilte die Kompanie auf. Vier Tanker waren leer die blieben hier. Der Hauptteil der Truppe fuhr unter Lücks Kommando zurück nach Erfurt. Roos handelte mit irgendeinem Zivilangestellten herum. Im Anschluss meinte er, wir nehmen Diesel mit, der ist restlos überlagert und muss weg. Während ich noch überlegte ob man Diesel überlagern kann, füllten sie den ersten Tanker. Wir schauten in die Kontrollluke. Tatsache der Diesel flockte. Nach dem Betanken fuhren wir über Torgau, Krostitz auf die Autobahn Berlin – München. Als Beifahrer hatten sie mir wieder Brausewetter auf den Bock gesetzt. Kurz bevor es auf die Autobahn ging machte Roos eine Rast und plärrte rum, das mir auch immer die Batterieanschlüsse während der Pausen kontrolliert werden. Vergnatzt baute ich auf der Beifahrerseite die Sitzbank aus und kontrollierte die Anschlüsse.  Kaum waren wir auf der Autobahn standen schon wieder die Alliierten rum. Ich glaube diesmal waren es Franzosen. Sie filmten uns mit einer Schmalfilmkamera. Ich grüßte sie mit dem Victoryzeichen. Genüsslich rauchte ich dabei meine Bode Spitzen. Kurz vor dem Hermsdorfer Kreuz fuhr Roos mit uns auf einen Parkplatz für Lkws. Diesmal schenkte ich mir das Kontrollieren der Batterie. Nach 10 Minuten brüllte Roos aufsitzen. Ich stieg ein und wollte den Lkw starten. Es macht nur müde klick, klick. Das gab es doch gar nicht dachte ich, einmal kontrollierst du nicht und dann das. Ich sprang aus dem Fahrzeug und stürmte zum UAZ vom Major und rief mein Tanker springt nicht an. Wütend rief der Major da haben sie wohl die Batterie nicht kontrolliert, sie Zündi. Jetzt wurde er persönlich, nichts wie weg dachte ich und machte mich auf die Anschlüsse zu kontrollieren. Ich pelzte Brausewetter vom Beifahrersitz um an die Anschlüsse zu kommen. Während ich die Rücksitzbank entfernte kam Roos angetobt. Vom Wahn befallen, schrie er mich an, vor das Militärgericht müsste man sie schleifen, sie Verbrecher sie, trommelte und schlug in seiner Rage auf meinen Rücken ein. Er hörte überhaupt nicht auf. In Bruchteilen von Sekunden spukte mir alles möglich durch den Kopf. Das konnte ich mir auf keinen Fall gefallen lassen. Aber zurückschlagen, es waren keine drei Wochen mehr bis nach Hause. Ob das Militärgericht mir recht geben würde? Blitzschnell drehte ich mich zum Major um und brüllte ihn an, da haben sie aber großes Glück Genosse Major. Verdutzt hielt er inne, mit was? In 19 Tagen sind sie mich los und sie dürfen hier weiter dienen. Roos sein Gesicht erstarrte zur Maske, da haben sie recht sagte er, drehte sich um und ging. An der Batterie hatte sich wirklich ein Kabel gelöst, schnell schloss ich es an. Der Rest der Fahrt verlief ohne Zwischenfälle. Fähnrich Brausewetter sagte zu mir, das haben sie klug gelöst aber wenn sie zurück geschlagen hätten, ich hätte zu ihren Gunsten ausgesagt.
Ich schaute ihn an und sagte na klar. Zwei Tage später kam Brausewetter auf die Kompanie geschlichen mit seiner obligatorischen Tasche und verschwand bei Roos im Dienstzimmer.


Kurz vor Ultimo

 Roos hatte mal wieder OvD. Wie immer in solchen Fällen mussten wir den Frühsport mit machen. Wir standen in Reih und Glied angetreten vor der Kompanie. Der Böse schlich um uns herum. Er blieb vor mir stehen und musterte meine Anzugsordnung. Auf einmal brüllte er los, na Müller da sind wir wohl beim Bierholen am Stacheldraht hängen geblieben. Es war nicht zu fassen, da bin ich fast 1 ½  Jahre mit geflickter Trainingshose rumgesaust und kurz vor der Entlassung merkte er es doch noch. Ich hatte ein paar Mal Anlauf genommen um sie zu tauschen aber Graichen hatte sich immer absolut eng gehabt mit so etwas. Ende des zweiten Diensthalbjahres hatte ich es dann aufgegeben ihn danach zu betteln. Die Hose flickte ich noch einmal fachgerecht. Roos benötigte eine dumme Antwort und die gab ich ihm. Denken sie Genosse Major, dass ich das noch drauf habe. Der einzig wahre E lässt Bier holen. Die Kompanie johlte vor Freude. Roos zog ein Gesicht und ging.Mit offiziellen Ausgang sah es auch schlecht aus. Zapfenludi strich mich mit schöner Regelmäßigkeit persönlich von der Liste. Das war nicht weiter schlimm, entweder ging ich in Zivil oder ohne Ausgangskarte raus. Die Jungs am KDL machten da keinen Ärger. Eines Sonntags Nachmittag sagte Spielvogels Franky zu mir, ich habe Durst, komm lass uns in den Ausgang verschwinden. Wir zogen uns um und verschwanden aus der Kaserne. Frank meinte, lass uns in die kleine Parkgaststätte gehen. Die befand sich unweit der Kaserne. Wir betraten die Lokalität, sie war halb voll, und suchten uns zwei Plätzchen. Wir wollten uns gerade setzten, da rief jemand, Jungs kommt zu mir an den Tisch. Wir schauten uns um, ich sah niemanden. Frank war da fixer, er rief hallo Hauptmann. Ich schaute in die Richtung, ach du grüne Neune, da saß der Knollenhafte in Zivil. Wir gingen rüber und grüßten Hauptmann Knoll. Nicht so förmlich meinte er, ihr werd euch den Ausgang redlich verdient haben. Na immer, sagte Frank. Der Knollenhafte zeigte auf die Stühle, nehmt endlich Platz, ich habe schon zwei Bier für Euch bestellt. Ihr könnt ja auch nichts dafür dass ihr beim Roos dienen müsst, wir lachten. Frank wurde bei einer Übung einmal zur zweiten Kompanie abkommandiert, seitdem kannte er  Knoll näher. Es wurde ein gemütlicher Nachmittag und Abend. Der Hauptmann übernahm die Rechnung. Am nächsten Tag lief  Frank ihm über den Weg, er meinte nur, ihr Hunde hattet gar keinen Ausgang und lachte. Damit war die Sache für ihn erledigt. Einige Tage später bestellte mich Patschen auf sein Dienstzimmer, es wäre dringend, ich sollte mich beeilen. Gemächlich trabte ich zu ihm. Der Lückenhafte saß mit im Zimmer. Patschen machte ein wichtiges Gesicht, Müller meinte er, wir haben dich und dein Fahrzeug für eine Spezialübung vorgesehen. Der Hauptmann und ich werden die Soldaten von unserer Truppe kommandieren. Es geht nach Kasachstan. Wohin geht das, fragte ich erstaunt? Nach Kasachstan in die Sowjetunion. Ich musste lachen. Müller, lach nicht so blöd, meinte Patschen verärgert.  Der Hauptmann erklärte. Die Artilleristen von der Henne, werden dort eine Rakete abschießen und wir sind für die Treibstoffzufuhr verantwortlich. Dein Tanker und wir werden eine etwas längere Zugfahrt machen. Das Alles dauert ungefähr einen Monat. Meine Augen wurden vor staunen immer größer. Hauptmann wissen sie wo ich in einem Monat bin? Er schüttelte den Kopf. Na zu Hause und ich werde keine Überstunden für den Verein hier schieben. Ach ja meinte er, Schade, mit ihnen war immer ein gutes Auskommen. Das war ein Ding, nach Kasachstan in die Wüste, das wäre schon reizvoll gewesen. Ich grüßte sagte Danke und ging. Die Worte vom Hauptmann waren Balsam für die Seele. Inzwischen waren die Tanker mit der Optimierung des Dieselverbrauches dran. Sie hatten festgestellt meiner verbraucht mit den  Meisten und bestellten eine neue Dieselpumpe. Meise und Dietmar wurden zum Pumpenwechsel abgestellt. Mit den Resioffizieren waren sie für die gesamten Tanker verantwortlich. Wir Anderen zogen auf Wache. Graichen, teilte mich wieder für den Posten 2 ein. Soldat Vogel vom zweiten Diensthalbjahr fing an rumzumotzen. Immer steht Müller auf dem Posten, die Anderen würden auch mal gerne den Posten 2 haben. Du dummer Zwischenpisser sagte ich zu ihm verärgert, das kannst du in einem Monat, wenn ich zu Hause bin. Graichen meinte zu Vogel, du hast wohl absolute Höhe. Kurz darauf kam Roos zur Wachbelehrung. Vogel beschwerte sich bei ihm. Er war einfach dumm, in einem Monat wäre er der E. Das war ein klarer Verstoß gegen den Ehrenkodex der EK – Bewegung. Graichen meinte sooft steht Müller gar nicht auf Posten 2. Roos ließ sich die Wachprotokolle geben und sagte, Vogel steht heute Posten 2 und die nächsten Mal dann vorm Fahrzeugpark. Das war der unbeliebteste Posten bei uns Soldaten. Ich lachte böse und sagte zu Vogel, das brauchst du. Graichen stellte mich auf Posten 1 den anderen Nachtposten. Damit wurden dem ersten und zweitem Diensthalbjahr jegliche Lust genommen auf zu zucken. Die Hackordnung musste eingehalten werden, das war die Grundlage der Disziplin. Die Bewegung funktionierte, egal ob Offizier, Unteroffizier oder Gefreiter, jeder bediente sich ihrer, wenn er sie brauchte. Da zählten auch keine alten Feindschaften, das war das ungeschriebene Gesetz. Inzwischen hatte man die Alarmbereitschaft auf die nächste Stufe gehieft. Langsam aber sicher wurde uns anders. Keiner hatte Lust auf Kriegsspiele. Wieder wurde eine Kommandostabsübung angesetzt, Ziel Letzlinger Heide. Es sollte mit scharfer Munition geschossen werden. 80 Prozent der Truppe sollte ausrücken. Der Rest der Kompanie blieb bei den eigenen Fahrzeugen. Als Beifahrer sollten Offiziere und Fähnriche auf die Lkws. Keiner wusste etwas Genaues. Es gingen Gerüchte, das wir in Polen mit der polnischen Armee eine gemeinsame Übung abhalten sollten.