Donnerstag, 28. Juli 2011

Fahrzeugumstellung




 Während der Kommandostabsübung hatten sogenannte Bandmaßspringer unsere Kaserne bewacht. Sie übernahmen auch weiterhin die Wache bis die Fahrzeugumstellung auf den Sommerbetrieb abgeschlossen war. Für mich viel die Umstellung flach, mein Fahrzeug war zu wenig gefahren. Ich wurde zum Syphdienst abgestellt. Früh nach dem Morgenappell trabte ich ab. Die Abwaschküche war gut gefüllt.  Zwei Stunden  brauchte ich um für Ordnung zu Sorgen, dann steckte der Küchenbulle mich in die Kältekammer für das Fleisch. Neben den vielen unterschiedlichen Würsten hingen hier riesige Schweinshälften. In dieser Kühlbox herrschten leichte Minusgrade. Ich wischte den Fußboden mit warmem Wasser und damit er nicht gefror musste er gleich trocken gewienert werden. Nach Beendigung der Arbeit betätigte ich die Notklingel um diesen ungastlichen Ort wieder verlassen zu können. Der Oberfeld schloss mich in die nächste Vorratskammer ein. Was es hier alles gab, ich kam aus dem Staunen gar nicht raus. Kartonweise stapelte sich hier Rotkäppchensekt, verschiedenes tschechisches Bier palettenweise. Alles Dinge die es im zivilen Leben schwer oder gar nicht zu kaufen gab. Dazu kamen Unmengen von Butter. Nachdem ich die Kammer ausgewischt hatte, machte ich mir Gedanken, wie ich am Besten an eine Flasche Bier kam ohne das es der Oberfeld bemerkte. Ich hob mehrer Kästen Bier von der Palette und entnahm eine Flasche. Trinken durfte ich sie hier unten nicht, das würde der Trollo sofort riechen. Ich legte sie in das schmutzige Wischwasser im Eimer. Ich befürchtete da würde er auch noch reinschauen, deshalb wickelte ich sie in den Scheuerhader und drückte den Notknopf. Der Küchenbulle fragte mich als erstes ob ich Bier getrunken hätte, ich verneinte und musste ihn anhauchen. Als nächstes war Leibesvisitation angesagt, wieder musste ich die Stiefel ausziehen. So lächerlich wie das alles klang, meine Nerven waren auf das Äußerste angespannt. Ich ging auf die Toilette um das Wischwasser weck zu schütten. Er kam hinterher gelatscht um den Vorgang zu überwachen. Bloß gut das ich die Flasche in den Lappen gewickelt hatte. Geschickt goss ich das Wasser in die Toilette. Die Flasche und den Hader klemmte ich mit dem Daumen am Eimer fest. Erst jetzt war er davon überzeugt, dass ich keine Bierflasche hoch gezogen hatte. Nach dem Mittagsabwasch trank ich genüsslich die Flasche leer. Das hatte ich mir redlich verdient. Nachmittags hatte ich frei. Meistens verkrümelte ich mich, um den Major nicht über den Weg zu laufen. Der akzeptierte je nach Laune meine Freizeit. 18.00 Uhr wenn die Anderen Dienstschluss hatten verschwand ich wieder in der Küche. Bis 21.00 Uhr dauerte der Syphdienst. Zwischenrein brachte ich das Fresspaket auf die Stube. Für die nächsten 14 Tage war mein Dienst geregelt. Am nächsten Morgen nach dem Abwasch, kam der Oberfeld auf die Idee sich mit den Komplekten zu befassen. Gemeinsam gingen wir in das Lager. Fein säuberlich sortiert standen da die Büchsen herum. Der Küchenbulle meinte, Müller holen sie mal einen Karton Wurst von ganz hinten hervor, aber nehmen sie einen von unten. Mühsam kramte ich einen Karton hervor. Der Oberfeld öffnete ihn und schaut aufs Verfalldatum. Die Büchsen lagen ein knappes Jahr darüber. Nach dem ersten Schreck kam er zu dem Schluss, das ist nicht weiter schlimm. Wir machen diese und nächste Woche einen Komplektetag und sie stapeln die Büchsen so um, das die alten zuerst verbraucht werden. Bloß gut das die Köche manchmal separates Essen für das Personal bereiteten.
Aber ich entdeckte bei dem Räumen der  Komplekte auch eine Besonderheit, den Komlektetee. Das war wirklich etwas besonderes, schwarzer Tee mit Zucker und Zitronensäure. Der war lecker. Ich fragte den Oberfeld ob ich mir ein paar Packungen mitnehmen könnte.  Der war froh das etwas davon verschwand. Der  Tee sollte bis fast ans Ende der Dienstzeit reichen.
Am regelmäßigsten nach den Springern kamen die Bandmaßspringer zum Essen. Sie sahen ziemlich verbraucht, müde und kaputt aus. Ich kam mit ihnen ins Gespräch, sie fühlten sich bei uns in der Kaserne wie im Paradies. Ihre Ausbildung zum Motschützen war sehr hart gewesen, sie hatten z. B. das Auf – und Abspringen auf fahrende Panzer geübt, in Schützenlöschern vom Panzer überrollen lassen und noch vieles Andere. Zur Lehre oder zum Studium hatten sie das letzte Mal regelmäßig Sport getrieben und mit wenigstens 26 Jahren galt man als Soldat als alter Mann. Sie taten mir Leid. Wenn ich mit bei der Essenausgabe helfen musste, bekamen sie immer eine Kelle mehr. Sie hatten sich mein Gesicht gemerkt und vier Mann von der Truppe luden mich für den nächsten Samstag zu einem Umtrunk ein. Es waren die Soldaten der Feuerwache. Die E`s auf dem Zimmer hatten ihr o.k. gegeben. Voller Tatendrang und Durst machte ich mich nach dem Mittagsdienst auf in die Feuerwache. Ich war so etwas von gierig nach dem Alkohol, dass ich auf das eigene Mittagessen verzichtete. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen und so kam es wie es kommen musste. Die Resis hatten für mich alleine eine Flasche echten Nordhäuser Doppelkorn organisiert, eine Rarität in der DDR. Eine Stunde später schleiften sie mich und die halbleere Flasche aufs Zimmer. Es war Samstag der 19.April 1980. In meinem Suff viel es mir wieder ein, das war ja das Wochenende  vor Führers  Geburtstag. Nicht dass das in der DDR gelehrt oder gefeiert wurde, ganz im Gegenteil, man ließ keine Gelegenheit aus um zu betonen das Hitler ein Verbrecher war. Wer ihn öffentlich dennoch huldigte, bekam Ärger mit dem Gesetz. Es gehörte einfach zum Allgemeinwissen, das man es wusste. Ich lallte am Montag hat der Führer Geburtstag, Heil! Caspar war entsetzt, Mensch der Müller ist ja restlos voll, jetzt feiert der auch noch Hitlers Geburtstag, den müssen wir unter die Dusche stecken. Ich wollte mich gegen das Eine wie das Andere verwahren, bekam aber keinen richtigen Satz zusammen. Lachend zogen sie mir die Uniform aus und steckten mich samt  Unterwäsche unter die kalte Dusche. Das einzige was ich mit Sicherheit sagen konnte, das half überhaupt nicht gegen das Besoffensein. Nachdem ich mich aus den nassen Sachen gequält hatte, haute ich mich ins Bett. 17.30 Uhr weckte mich Kempe, Thomas du musst zum Dienst. Ich wusste gar nicht wo ich war und brauchte eine viertel Stunde um zu mir zu finden. Auf dem Weg zur Küche musste ich am Wachplatz vorbei. Hauptmann Pemsel war der OvD und führte gerade die Vergatterung der Wache durch. Die halbe Kompanie hing an den Fenstern, um zu sehen wie ich da vorbeikam. Es gelang mir recht gut mich an der Zermonie vorbei zu schleichen, was sicherlich einige Kameraden enttäuschte. Als ich nach 21.00 Uhr auf die Kompanie kam waren die E´s kräftig beim Kampftrinken, Neubert und Nimitz waren mit auf der Bude. Nach einer Stunde sah ich wieder aus wie am Nachmittag. Neubert meinte den Müller müssen wir aufs Bett legen. Als Springer schlief man oben, Neubert hatte bedenken, das ich aus dem Bett kippte. Er nahm eine Schwarzdecke, hängte sie in die Betteinlage und zog sie über meinen Körper, dummerweise über meinen Magen. Der spielte verrückt, wild schlug ich um mich und bekam Neubert am Ohr zu fassen. Irgendwann musste man mich auf dem Zimmer vermisst haben und suchte mich. Man fand mich schlafend auf der Toilette mit dem Kopf auf der Klobrille. Reifke und Winkler schleiften mich an den Armen ins Zimmer. Am nächsten morgen wachte ich mit Schmerzen auf. Nicht nur der Kopf brummte, auch die Füße taten mir weh. Beim schleifen über die Riffelfließen war der Bast auf den Fußrücken abgescheuert worden. Caspar sagte, das geschieht dir recht, du hast in deinem Suff Neubert das halbe Ohr abgerissen. Entsetzt über mein Tun machte ich mich auf zu Neubert um mich zu entschuldigen. Caspar hatte natürlich übertrieben aber sein Ohr war eingerissen. Neubert meinte, Müller alles kann mal passieren, du bezahlst mir ein Teil Bier und die Sache ist vom Tisch. Am Abend nach 21.00 Uhr machte ich mich auf das Bier zu holen. Nach 14 Tagen ging die Fahrzeugumstellung dem Ende entgegen und somit auch mein Küchendienst. Caspar wollte unbedingt noch drei Esslöffel aus der Küche haben. Ich wusste schon was er damit wollte. Am Tag der Entlassung war es üblich den Löffel abzugeben. Nach dem die Soldaten die Kaserne durch das KDL verlassen hatten schmissen sie ihn über das Kasernentor. Aber bis dahin waren es noch ein paar Tage. Eine Woche vor der Entlassung bezeichneten sich die E´s als Heimkehrer. Es sickerte durch nach der Entlassung sollten die Diensthalbjahre  Zimmerweise zusammengelegt werden, um die EK – Bewegung einzudämmen. Das wäre ein Pilotprojekt, wir wären die erste Kaserne der NVA die so etwas testet. Merkwürdig, nach Schmalz seiner Rede gab es die Bewegung ja gar nicht und dass ausgerechnet  unsere Kaserne für den Test vorgesehen war sprach Bände. Nach dem Diensthalbjahr sollte es noch einige Versetzungen bzw. Umsetzungen von Soldaten geben. Eine betraf mich. Roos jagte mich zum Augenarzt, ich musste noch einmal in den Kasten mit den Burgen schauen, problemlos bestand ich den Test. Ich wurde zu den Tankerfahrern versetzt. In eine andere Kaserne wurde mein spezieller Freund, Lutz Scheunert, von der A – Kompanie versetzt. Er kam in den Divisionsstab. Am Tag der Entlassung verabschiedeten wir uns von den E`s und wünschten uns gegenseitig alles Gute. Dann lauerten wir in der Nähe vom Kasernentor, was auch nicht schwer viel, da die Offiziere der einzelnen Kompanien mit den Entlassungskandidaten beschäftigt waren. Es klimperte schon ganz schön als ca. 60 Löffel über das Kasernentor geflogen kamen. Dann zogen sie mit ihren EK – Tüchern um den Hals zum Bahnhof. Bei manch einem würde die Fahrt nach Hause mehrere Tage dauern, da war ich mir sicher.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Die Kommandostabsübung




 Die dritte Kompanie war die Vorauskompanie. Im Abstand von einer Stunde folgten die zweite und erste Kompanie. Wo genau wir hinfuhren wussten wir nicht. Irgendwo in Richtung Cottbus hatten wir gehört und die Fahrzeuge rollten auch Richtung Jena. Also konnte es durchaus passieren, dass wir durch Dresden fuhren. In Jena verließen wir die Autobahn und fuhren Richtung Stadtroda. Zwischen den Ortschaften machten wir auf der Landstraße einen Stopp. Jeder von den Fahrern wusste was er zu tun hatte. Als erstes mussten sie sich um ihr Fahrzeug kümmern. Der Sitz der Radmuttern musste kontrolliert werden, die Batterien und die Verbindungen zwischen Zugmaschine und Hänger. Immerhin hatten zwei Drittel der Fahrzeuge einen Hänger. Tatsache bei zwei Fahrzeugen, wurde es höchste Eisenbahn das die Radmuttern nachgezogen wurden. Roos tobte zwischen den einzelnen Fahrzeugen hin und her und motzte die Fahrer an, wenn seiner Meinung nach die Abstände zu den voraus fahrenden Fahrzeugen nicht stimmte. Ich verkrümelte mich auf die Pritsche vom Lkw. Seine Stimmung wurde erst besser, als über Funk kam die zweite Kompanie ist auf der Autobahn liegen geblieben, ein Teil der Fahrzeuge hätten technische Defekte und die erste Kompanie hatte die Kaserne noch gar nicht verlassen, aus demselben Grund. Wir machten eine Stunde länger Pause. Dann hatte der Major die Schnauze voll und rückte ab. Hinter Stadtroda fuhren wir wieder auf die Autobahn. Kurz darauf querten wir das Hermsdorfer Kreuz. Wir fuhren weiter Richtung Dresden. Zwischen Frankenberg  und Hainichen machten wir den nächsten Zwischenstopp und das ganze Spielchen begann von vorne. Wir waren das vorletzte Fahrzeug in der Kolonne, hinter uns fuhr noch Boehr mit seinem 813 Tatra. Boehr war am 1. März Unteroffizier geworden, da hatten sie ihm die Gurkenschalen angeheftet. Auf seinen 813 Tatra hatten sie Ersatzteile geladen. Der 813 war schon ein imposantes Fahrzeug. Von seinen 4 Achsen waren die zwei Vorderen lenkbar. Boehr sollte vorfahren, bei einem der Tanker musste irgendetwas gewechselt werden. Die Tatrafahrzeuge die wir fuhren basierten alle auf dem Model 148, egal ob Pritsche oder Tanker. Auf seinem Tatra fuhren noch zwei Soldaten vom Kfz – Zug mit. Keine halbe Stunde dauerte die Reparatur. Böhr blieb mit seinem Fahrzeug gleich vorne hinter dem UAZ vom Major. Als wir Dresden querten hingen wir alle an der Bordwand. Es war ein komisches Gefühl, keine 2 Kilometer weg wohnten Freunde und Verwandte und du hingst hier auf so einer alten Printe herum und durftest nicht weg. Auffahrt Dresden – Neustadt, ein blauer Ikarus Reisebus fuhr auf. Ein Polizeibeamter saß hinter dem Lenkrad. Merkwürdig, ich schaute noch mal hin, ein Gefängnistransport. Zwischen dem Fahrer und Beifahrersitz und dem Rest des Busses war ein Stahlgitter eingebaut. Als der Bus uns überholte grüßten die Gefangenen mir dem Victory – Zeichen. Die fuhren bestimmt nach Bautzen oder in das Stahlwerk Riesa. Es war einfach nur verrückt. Auf der Autobahn begegneten sich zwei unterschiedliche Arten von Gefangenen. An der Hellerauer Spinne gabelte sich die Autobahn. Wir fuhren Richtung Berlin. Die nächste Abfahrt nach Ortrand  war Frauendorf und hier ungefähr 30 Kilometer hinter Dresden verließen wir die Autobahn. Wir fuhren durch den kleinen Ort Frauendorf. 200 Meter hinter der Ortschaft begann der Wald. Genau hier bezog Roos Stellung. Man konnte über Roos sagen was man wollte, aber vom Führen einer Fahrzeugkolonne hatte er Ahnung. Während die Fahrzeuge abgetarnt wurden, zogen wir auf unsere Wachposten und das war auch notwendig. Die Knirpse und Jugendlichen aus dem Dorf hatten schnell mitbekommen, das die Armee am Dorfrand in Stellung gegangen war. Wir waren die Attraktion. In kleinen Gruppen kamen sie angesaust. Neugierig wie sie waren wollten sie überall hin, was wir natürlich nicht zulassen konnten. Nach drei Stunden kam die erste Kompanie, sie bestand in erster Linie aus den ganzen Stabsfahrzeugen. Major Schmalz beorderte Major Roos zu sich und befahl ihm 3 Kilometer westlich Stellung zu beziehen, der Kradfahrer der ersten Kompanie würde ihn einweisen. Das war natürlich gewaltiger Sackgang für meine Kameraden. Sie mussten ihre Fahrzeuge enttarnen und weiterfahren um sie nach wenigen Kilometern neu zutarnen. Wir von der Feldwache mussten dableiben. Nachdem die dritte Kompanie abgezogen war, ging die Erste in Stellung. Während die Soldaten die Zelte aufbauten und ihre Spezialfahrzeuge zum Einsatz brachten, knüpfte ich Kontakt zu den Jugendlichen. Die Offiziere sahen das Gerne, wenn die Bevölkerung auf diese Art von der Technik ferngehalten wurde. Ich hatte mir 5 Mark vor der Übung eingesteckt. Ich kramte sie heraus und fragte die Jugendlichen ob sie ein Problem damit hätten mir im Dorfkonsum eine kleine Flasche Weinbrand zu kaufen. Schon tobten sie los um eine halbe Stunde später mit der Flasche zu erscheinen. Einer von ihnen hatte zusätzlich noch eine Flasche Bier bei seinem Vater gemaust. Ich passte auf das die Offiziere nichts mitbekamen. Nur die Stabsfunker schauten rüber. Ich wusste nicht so recht was ich von ihnen halten sollte, zu denen hatten wir eigentlich nie Kontakt. Schnell verstaute ich die Flaschen in der Schnuffitasche. Nach der Wachablösung kam einer der Funkerunteroffiziere auf mich zugelaufen und fragte mich was ich in der Tasche hätte. Ich überlegte kurz und sagte zu ihm, da musst du meine E`s  fragen. Er erwiderte, ich will keinen Ärger mit deinen E´s haben, ich möchte nur wissen ob ich richtig geschaut habe. Ich klapptemeine Tasche auf. Was manche Menschen so alles für ihr Ego brauchten. Wenn der wüsste das gar keine E`s beim Wachkommando waren. Während der Feldwache schoben immer drei man Wache, drei hatten Bereitschaft und die restlichen drei hatten wachfrei. Nachts hatten wir neben der Wache noch die Stromaggregate zu überwachen die mussten stündlich mit Diesel versorgt werden. Also war nichts mit Nachts nicht auf Posten gehen. Aber der Schmerz hielt sich in Grenzen, da wir aller vier Stunden wechselten konnte man doch ganz gut schlafen. Außerdem hatten wir noch die Flasche Schnaps. Am Tag hatten wir uns Reisig gesammelt und auf die Pritsche geschmissen. Nach dem Abtropfen hatten wir ein Tarnnetz darüber ausgerollt und Schwarzdecken waren zuhauf auf dem Lkw. Befehligt wurde unsere Gruppe von Uffz. Wolf.  Wolf meinte wenn ihr Spurt machen wir keine große Wachablösung, die alte Wache weckt die Neue, weißt sie kurz ein und wir leben alle ruhiger. Das fand ich prima, nur ehe das mancher Soldat durch seine Gehirnswindungen bekommen hat, verging seine Zeit. Einer der Soldaten war Vize Peter Reinig. Die E´s riefen ihn immer Taumelpeter, weil er so gut wie nichts auf die Reihe brachte. Als ich ihn weckte sagte er zu mir, du Springschwein kannst meine Wache mit stehen, drehte sich rum und wollte weiterschlafen. Ich trat ihn gewaltig in sein Hinterteil. Laut fluchend machte er Rabatz, davon wurden die anderen Kameraden munter. Sie beförderten ihn schnurstracks vom Lkw. Am nächsten Morgen, machte ich mich an der Wasserkuh frisch. Schurig krähte, fast wie Camping. Na schönen Dank auch, knurrte ich. Lauter wie ich knurrte nur mein Magen. In der Feldküche fasste ich meine Komplekte aus. Ich nahm ein paar Büchsen mehr mit, wenn die Knirpse kamen konnte ich ihnen was mitgeben. Ich stopfte sie in meine Hosentasche. Die Hosenträger bei der NVA waren äußerst strapazierfähig. Am späten Vormittag kamen zwei Stabsoffiziere von der Division, es waren Oberstleutnante. Vier man wurden von der Feldwache abgestellt, wir sollten das Sanitätsbataillon überfallen. Wir mussten unsere Magazine mit den scharfen Patronen abgeben und bekamen Magazine mit Platzpatronen. Dazu erhielten jeder noch vier Donnerschläge als Handgranatenersatz. Unter der Leitung der beiden Offiziere schlichen wir an das Lager des Sanitätsbataillons. Sie hatten keine Wachen aufgestellt. Einer der Oberstleutnante gab das Zeichen zum werfen der Donnerschläge. Ich hielt Zwei zurück. Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen kamen die Resis aus ihren Zelten gerannt. Wir hielten mit unseren Platzpatronen drauf. Im Ernstfall hätte nicht einer überlebt. Ich ließ mich von den Resis gefangen nehmen. Versteckte aber vorher noch die zwei übrig gebliebenen Donnerschläge in meiner Unterhose. Die Resis waren ganz aufgeregt dass sie uns gefangen hatten. Der eine Oberstleutnant sagte, Tote können keine Gefangenen machen. Sie waren richtig angefressen über das schlechte Verhalten der Resis beim Überfall. Das würde bestimmt noch Ärger geben. Bevor sie uns zurückschafften, machten sie noch bei uns Leibesvisitation wegen der Donnerschläge. Wichtigtuerisch meinte einer der Oberstleutnante, es gibt Soldaten die wollen die Dinger mit nach Hause nehmen, ziehen sie mal ihre Stiefel aus. Diese Armleuchter, wenn die wüssten. Nachdem wir unsere Magazine umgetauscht hatten brachten sie uns zurück. Ich ging Mittagessen fassen. Die Feldküche kochte gerade Bohneneintopf. Ein großer Sack „Trockenfutter“ verschwand in der Gulaschkanone. Mich schüttelte es. Umso erstaunter war ich, die Suppe schmeckte gar nicht schlecht. Ich ließ mir mein Kochgeschirr ein zweites Mal füllen. Als ich am Nachmittag auf Posten zog, hieß es, es würde eine Nachtfahrübung geben. Es sollte mit verdecktem Licht gefahren werden. Mir war es recht, da konnte man in Ruhe auf dem Lkw matten. 22.00 Uhr sollte es losgehen. Schmalz traf schon am zeitigen Abend Vorbereitungen für den Aufbruch der ersten Kompanie. So etwas hätte es bei Roos nie gegeben. Da wurde eine Stunde vorher der Befehl zum Aufbruch gegeben und wehe dem es klappte nicht. Da sah man schon große Unterschiede bei der Kompanieführung. Mit einer Stunde Verspätung ging es los, trotz des Geschuckels schlief ich schnell ein. Es wurde langsam hell als ich aufwachte. Ich hatte tief und fest geschlafen. Uffz. Wolf sagte, Müller wir sind schon auf der anderen Elbseite. Wir bezogen einen neuen Stellungsraum, irgendwo bei Leipzig. Hier gammelten wir den halben Tag herum. Auch das hätte es bei Roos nicht gegeben, der beschäftigte einen schon. Aber es war mir recht. Es zogen jede Menge andere Truppenteile an uns vor bei. Die meisten kamen von den Artilleristen und waren in der Sommeruniformen unterwegs. Am Nachmittag kamen neue Befehle. Es hieß die erste Kompanie kann einrücken, die zweite und dritte Kompanie fährt das Manöver bis zum Ende mit. So kam ich am späten Abend in die Kaserne zurück. Uffz. Wolf schloss Waffen und Munition in die Waffenkammer und meinte es reicht zu wenn wir morgen die Waffen reinigen. Das mussten wir dann sehr gründlich machen, der ganze Vormittag war weg. Am Nachmittag machte ich mich über den Lkw her. Ich benötigte mehrere Stunden ehe er vom Straßendreck gesäubert war. Taumelpeter meinte und jetzt machst du noch die Pritsche sauber.  Ich sagte zu Peter, das kannst du dir schenken, dass du mich noch rumkommandieren kannst. Meine Tage als Springer sind gezählt, entweder machst du mit oder es macht keiner. Widerwillig beugte er sich der Notwendigkeit. In der Nacht rückte die dritte Kompanie ein, nichts war mit Nachtruhe ab 22.00 Uhr. Ehe alles zur Ruhe kam war es weit nach 01.00 Uhr. Am nächsten Tag war richtiger Sackgang angesagt, die Lkws mussten gewaschen werden. Da konnte ich nicht so rum lumpern wie mit Peter. Die E`s machten schon gewaltig Betrieb. Die Lkws kamen auf die Rampe. Mit Bürsten schruppten wir den Dreck unter dem Auto ab. Für diese Arbeit zog ich mir freiwillig die Jacke vom Jumbo über. Zwei Tage brauchten wir um die Fahrzeuge sauber zu bekommen. Die Fahrzeuge mussten im Anschluss zur Tankstelle. Chef der Tankstelle war ein Stabsfeldwebel. Seinen Familiennamen kannte ich nicht, alle nannten ihn nur Sprit Alfred. Es gab keinen besseren Namen für ihn, denn er hing auch tüchtig an der Flasche. Einige Tanker hatten ihren Diesel während des Manövers abgegeben. Sprit – Alfred oblag es die Spritstände zu kontrollieren. Alfred war wieder schwer drauf, mit brennender Zigarette stieg er auf die Tanker, öffnete die Betankungsluken und überprüfte den Dieselstand. Irgendein Gefreiter sagte zu ihm, bist du bekloppt Alfred. Is nur Diesl drinne, nuschelte er. Entsetzt verließ ich den Bereich des Fahrzeugparks. Solange der Verrückte da hinten rum rannte konnte mich kein Befehl der Welt in den Fahrzeugpark zurück jagen. 

Montag, 25. Juli 2011

Sommer befohlen




Im letzten viertel Jahr hatten wir zweimal Nachtalarm gehabt. Gott Sei Dank sickerte so etwas  bei Zeiten durch. Caspar und Graichen erklärten uns  das wir innerhalb von 3 Minuten  am Fahrzeug sein mussten und zwar samt Sturmgepäck und Waffe. Der Ablauf musste logistisch gut durchdacht sein, sonst würde das nie klappen. Gefreiter Reifke zeigte mir wie ein Sturmkoppel auszusehen hatte. Damit wir in der Nacht Sekunden schinden konnten bereiteten wir alles schon vor. Zu guter Letzt wurden noch die Gardinen zu gezogen.Wir gingen in Unterwäsche schlafen. Früh halb 2 Uhr machte der Fahrer des UAZ, Soldat Gableske, los um den Major in die Kaserne zu holen. Bevor er die Kompanie verließ weckte er uns. Beim ersten Mal stand ich ganz schön unter Spannung. Es brachte auch nichts sich schon heimlich anzuziehen. Da die Offiziere mitunter in die Zimmer schauten, kurz bevor der Alarm ausgelöst wurde. Als der Alarm ausgelöst wurde sprangen wir aus unseren Betten. Thomas machte das Licht an, sein Bett stand dem Schalter am nächsten. Schnell schlüpften wir in unsere Sachen und zogen die Schwarzdecke über die Betten. Im Anschluss hängten Reifke und ich uns gegenseitig das Sturmgepäck auf den Rücken. Allerdings machte ich das beim zweiten Alarm dann alleine. Schnappte mir meine Schnuffitasche, hängte den Stahlhelm an das Koppel und schon  rief Graichen, dritte Gruppe raus treten zum Waffenempfang. Im Laufschritt ging es zur Waffenkammer, Kalaschnikow samt Seitengewehr ausfassen. Weiter ging es im Eiltempo an die Fahrzeuge. Dann wurde der Alarm abgebrochen. Im Laufe des Tages wurde der Alarm ausgewertet. Ich brauchte mich bei solchen Aktionen gar nicht zu beklagen. Andere waren schlimmer dran. Zum Beispiel die zwei Soldaten, die die Waffenkiste mitschleppen mussten. Zu jedem Zug gehörte noch ein LMG und eine Panzerfaust. Alles musste aus der Waffenkammer mitgenommen werden.Es ging auf Ende März, kurz vor der Fahrzeugumstellung auf den Sommerbetrieb, hieß es sollte noch eine Kommandostabsübung durchgeführt werden. Caspar erklärte mir, diese Übungen werden vom Divisionsstab befohlen und geleitet, da ist bestimmt wieder die halbe Armee von Thüringen unterwegs. Gefreiter Röllke, der wegen seiner Nase meistens Pinocio gerufen wurde, erzählte das er im letzten Sommer für eine Treibjagd des diplomatischen Chores abgestellt worden war. Das wollten wir Springer genau wissen. Pinocio  erzählte, dass sie für die technischen Dinge zuständig waren, wie Zelte aufbauen, Toiletten warten. Andere fuhren die Diplomaten mit dem Jeep. Auch Honecker wäre bei der Jagd in Thüringen erschienen. Den hätte er persönlich gesehen. Die Jagd dauerte eine reichliche Woche, sie hätten auch extra Geld bekommen. Geld war das Stichwort, Soldat Winkler vom zweiten Diensthalbjahr fing gleich vom letzten Ernteeinsatz zu schwärmen an, was es da alles zu Essen und zu Trinken gab. Und Weiber, meinte Caspar, der Winkler hat da seine neue Freundin kennen gelernt. Ich fand das gar nicht schlecht mit dem Ernteeinsatz, wenn man als Soldat auf diese Art und Weise beschäftigt wurde, da verging wenigstens die Zeit und man hatte was Sinnvolles getan. Reifke meinte so schnell wird es das nicht wieder geben, da hat der LPG Vorstand mit dem Benz irgendetwas gemauschelt. Nur der Einsatz in der Braunkohle wäre legal gewesen. Ich dachte wer weis, du warst ja nicht dabei. Aber der Winter vor einem Jahr war in ganz Mitteleuropa eine Katastrophe gewesen. Es gab auch genug Tote. Der jetzige Winter schien auch fast vorbei zu sein, das erste Diensthalbjahr näherte sich dem Ende. Bevor es soweit war mussten wir erst einmal die Kommandostabsübung und die Fahrzeugumstellung hinter uns bringen. Da zu der Übung 100 Prozent der Soldaten ausrücken sollten, mussten Neue her. Denn wir bewachten ja unser Objekt selber und das mussten nun andere übernehmen. Unsere Kompaniegebäude selber wurde nur zu zwei Drittel genutzt , in den leerstehenden Teil zogen die Wachsoldaten ein. Es waren Bandmaßspringer, das hieß Soldaten die nur ein halbes Jahr dienen brauchten, die Jüngsten waren 26 und die Ältesten Anfang 30, richtig alte Männer. Einen Tag vor der großen Übung setzte Oberstleutnant Benz  wieder einmal einen Bataillonsappell  an. Da stand er nun vor der Truppe mit seinen drei Stellvertretern, Major Schmalz, Major Hinterdahn und Major Bernd. Gegen seine Stellvertreter sah Benz drahtig aus, er wirkte richtig schneidig. Was man von seinen Stellvertretern nun wirklich nicht behaupten konnte. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, das wäre nur äußerlich so. Benz wäre schwer tablettenabhängig. Aus diesem Grund sollte er Mitte des Jahres aus der Schusslinie genommen werden. Es hieß, er sollte einer von 5 Stellvertretern des Divisionskommandeurs werden. Gemunkelt wurde immer viel, aber der Wahrheitsgehalt war eine andere Seite. Er erläuterte den Zweck der Übung. Unter dem Strich war es eigentlich immer das Gleiche, wenn man es auf den Nenner brachte. Schutz der Heimat, Abwehr der Aggressionen des imperialistischen Klassenfeindes und jeder Tropfen Schweiß ist besser wie ein Tropfen Blut. Während ich darüber nachdachte was wohl den Soldaten der Bundeswehr eingebläut wurde, hätte ich bald was Wichtiges verpasst. Benz ließ sich zur Anzugsordnung während der Übung aus. Da ab 1. April Sommer befohlen ist wird die Übung in Sommeruniformen durchgeführt. Drei Tage vor dem 1. April, konnte ich das erste Mal die Sommeruniform während meiner Armeezeit anziehen. Im Anschluss an den Appell wurden die einzelnen Befehle von Oben nach unten durchgegeben. Das hieß für mich ganz konkret, mein Lkw bleibt in der Kaserne. Ich wurde zur Feldwache eingeteilt, aus jeder Kompanie wurden 3 Mann dazu abgezogen. Am nächsten Morgen nach dem Aufstehen, sahen wir das ganze Elend, wenn man zum Fenster rausschaute. Es schneite in einem fort und es war Sommer befohlen. Missmutig gingen wir unsere Waffen holen. Während die Kompanie mit den Fahrzeugen im Kasernengelände Aufstellung nahm gingen wir Wachsoldaten zur Wachbelehrung. Im Anschluss holten wir die Munition aus der Waffenkammer und mumpelten die Magazine auf. Die Waffenkisten wurden auf den eigens für die Feldwache abgestellten Lkw verstaut. In zwischen wurde aus dem Schnee Schneeregen, ich schimpfte über das Wetter und die Sommeruniform. Ein Baumlanger Feldwebel der im Bataillonsstab seinen Dienst versah, nölte mich dumm voll. Ich sollte mich gefälligst zusammenreisen, die E`s hätten im letzten Winter unter ganz anderen Bedingungen dienen müssen. Ich drehte mich zu ihm um und sagte, die E`s sind in einem reichlichen Monat zu Hause, ich bin dann Vize und in einem Jahr bin ich zu Hause, da dienst du hier noch deine Tage ab. Also lass mich in Ruhe. Der Feldwebel, wollte sich gerade über meine Worte muckieren, da brüllte Roos, dritte Kompanie auf die Zimmer und Wintersachen anziehen. Höhnisch grinste ich den Feldwebel an. Der Sack trabte  ab Richtung  Batailloner. Ich war richtig froh, das wir noch einmal die Wintersachen anziehen durften. Schnell stellte sich raus, Roos hatte es wieder eigenmächtig entschieden, ohne des Wissens des Batailloners. Benz bestellte Roos zum Rapport. Da soll es hoch hergegangen sein. Aber der Oberstleutnant war ein Vernünftiger, das ganze Bataillon steckte er noch einmal in Wintersachen. 11.00 Uhr rückten wir aus, kurz vorher hatte ich mir noch mein Teil 1 aus dem Lkw geholt und zwei Schachtel Alte Juwel im Armeekonsum gekauft. Das war die preiswerteste deutsche Zigarettensorte mit Filter, die es zu kaufen gab. Bei uns auf der Stube waren die Raucher in der in deutlicher Minderheit. Caspar hatte uns Rauchern klar gemacht, ab 18.00 Uhr wird nicht mehr auf dem Zimmer geraucht. Ausnahmen gab es schon, aber nur bei Partys. Wie eine Perlenschnur fädelte die Dritte  auf die Autobahn. Die Alliierten ( außer den Russen ) warteten schon auf uns. Soldat Schurich von der zweiten Kompanie, einer von uns neun Mann, meinte, die müssen doch einen guten Draht haben, wenn die wissen wann wir ausrücken. Schurich war ein Kapitel für sich, in der Kaserne war allgemein bekannt, er war ein gläubiger Christ. Regelmäßig ging er an den Sonntagen zum Gottesdienst, dafür bekam er extra Ausgang. Nur kam er in den seltensten Fällen dort an. Meistens versumpfte er in irgendeiner Kneipe die auf dem Weg lag. Wer weiß wie sich das mit den Alliierten verhielt, vielleicht musste die Armeeführung sie von den Manövern in Kenntnis setzten. Genaueres erfuhr man doch sowieso nie. Ich wusste nur sie hatten  einen Sonderstatus. Wir wurden bei der Wache belehrt, sollten sie vor der Kaserne einmal auftauchen, hätten wir sofort den Wachhabenden zu informieren. Des weiterem wurden wir belehrt, Alliierte dürfen vor Ort festgehalten aber nicht kontrolliert oder verhaftet werden. Das Recht hätten nur die Russen. Mit anderen Worten, der OvD musste alle notwendigen Maßnahmen einleiten, dass die Russen schnellst möglich informiert wurden. Bei einer der Politschulungen hatte Wetzel erklärt, wenn es um das Festhalten von Alliierten ging, darf man sehr erfinderisch sein. Am Besten wäre es das Fahrzeug der Alliierten außer Gefecht zu setzten. Unfälle könnten immer mal passieren. Da gebe es sogar Sonderurlaub. Während ich meinen Gedanken nachhing, kam die Übung im wahrsten Sinne des Wortes ins Rollen.

Montag, 18. Juli 2011

Warten

Die meiste Zeit seines Lebens wartet der Soldat vergebens. Den Spruch kannte ich schon von meinem Vater her. Dieser Spruch war weise, nicht etwa weil er von meinem Vater stammte,sondern weil er stimmte. Auf was wir so alles warten mussten, das kam aber auch weil alles reglementiert war. Das fing schon beim Frühsport an, ehe der letzte Soldat herausgetreten war, verging auch seine Zeit. Zum Frühsport allerdings brauchten wir kaum noch gehen, seit dem wir nicht mehr in der A – Kompanie waren. Dafür rückte die Stubenordnung in den Vordergrund. Schließlich mussten wir Springer ja nun die Arbeit für die ganze Stube machen. Nur wenn der Major OvD hatte oder er sich vor Dienstantritt in die Kompanie verirrte mussten alle zum Frühsport antreten, auch die E`s und Unteroffiziere. Schon immer eine Ausnahme bildete der Samstag. An diesem Tag wurden statt des Frühsports die Betten und Schwarzdecken ausgeschüttelt. Das war in der A – Kompanie schon so.
Ansonsten wartete man auf den Unteroffizier, aufs Essen, auf die Pausen, auf den Kompaniechef, eigentlich wartete man den ganzen Tag. Es galt sich Abwechslung vom Warten zu schaffen, es galt den Geist zu schärfen. Da aber der ganze Tag fast durchgängig reglementiert war, konnte dies nur bedeuten, Widerstand zu entwickeln, das schärfte wirklich den Geist. Aus diesem Grund waren die meisten Soldaten widerspenstig. Wer nicht widerspenstig war verlumperte. Bestes Beispiel im Zirkus Benz , so nannten wir unser Bataillon, dafür war Zapfenludi oder Hauptmann Wezel ( VW ) der Politoffizier. Dem muss man allerdings zugute halten, dass er von Haus aus naiv und dummgutmütig war. An einem Beispiel erläutert: VW hatte einen Dienstweg außerhalb der Kaserne zu erledigen. Ihm stand ein Dienstwagen, sprich UAZ ( Jeep ) zu. Der Fahrer wollte ihn starten. Nur wollte das Fahrzeug nicht wie die Beiden wollten, es sprang nicht an. Da VW gutmütig war organisierte er das Fahrzeug zum anschleppen selber, anstatt den Fahrer los zu jagen. Natürlich hängte er auch das Abschleppseil persönlich in die Öse und gab das Zeichen zum Anfahren. Im Überschwang dessen etwas Positives geleistet zu haben, hatte er vergessen seine Hand vorher aus der Öse zu nehmen. Das Resultat: Das nächste viertel Jahr war Gips befohlen. Aber er war stolz darauf, dass das Fahrzeug angesprungen war, Dank seines patriotischen Einsatzes. Was ich VW immer zu gute hielt, er traktierte uns kaum mit Politschulung, nur wenn der Major darauf bestand.
Selbstverständlich wartete man auch auf Post, Nachricht von der Außenwelt. Einmal am Tag war Postausgabe. Meistens machte das ein Unteroffizier. Soldaten wurden zu Kindern. Nach bangen Warten, mit leuchtenden Augen nahmen sie ihre Post entgegen. Enttäuscht waren die, die keine bekamen und sie hofften auf den nächsten Tag. Manchmal kamen Pakete oder Päckchen, die gingen immer beim Hauptfeld über den Tisch. Hauptfeld Hoffmann machte da wenig Stress, selten nur kontrollierte er die Postsendungen. Auf unserer Kompanie wurde das recht locker gesehen. Nur zu Weihnachten spielte man verrückt, bzw. der Major, da ließ er an einem Tag, an dem recht viele Pakete ankamen, 90 Prozent davon öffnen. Das Ergebnis war für ihn im wahrsten Sinne des Wortes recht ernüchternd. In keinem der Pakete konnte er Alkohol finden,das hieß aber noch lange nicht dass keiner drin war.
So wartete der Springer, das er Vize wurde, der Vize das er E wurde und der E wartete auf seine Entlassung. Um sich die Wartezeit zu vertreiben, ließen sich die Soldaten einiges einfallen. Die Springer wurden mit Arbeit zugedeckt, dass sie gar nicht zum Nachdenken kamen. Der Vize bastelte sich einen Daumen, den er stolz den Springern unter die Nase hielt. Später durfte er dann das Maßband anmalen und sich einen Maßbandbehälter basteln. Der E hatte alles im Gebrauch, das Maßband war das Heiligtum. Das Maßband war 150 cm lang.150 Tage vor der Entlassung erfolgte der Anschnitt. Jeden Tag wurde es um einen Zentimeter kürzer. Man kannte allerdings nicht den genauen Entlassungstag, es gab mehrere Faktoren die da mit spielten. Denn Sonntag wurde nicht entlassen und in der Regel waren zur Entlassung drei Tage vorgesehen, um ein totales Chaos auf den Bahnhöfen zu vermeiden. Für gewöhnlich wurde der erste mögliche Entlassungstag zum Anschnitt zu Grunde gelegt. Beim Anmalen des Maßbandes gab es genaue Regeln. Samstage, Sonntage und Feiertage wurden mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnet. Die Farben wurden geändert, wenn eine Spur abgegeben wurde ( z. B. von 100 auf 99 Tage ), wenn 50 Tage vorbei waren. Der Mätzchen gab es viele. Das Ritual sah vor das ein E vom Anderen das Maßband kontrollieren durfte. Hatte er es nicht am Mann oder vergessen es auf den aktuellen Stand zu bringen, war eine Strafe fällig. Aber wehe, es viel einen Offizier in die Hände. Mit Vorliebe zogen sie die Maßbänder ein. Es galt als das Relikt der EK Bewegung schlecht hin. Einmal erlebte ich, wie der Ulei gerade dazukam, als sich die E`s selber feierten und unter frenetischen EK rufen, ihre Maßbänder schwenkten. Der Ulei befahl ihnen die Dinger einzustecken, nach 5 Minuten hatten es alle bis auf Gefreiten Tischer begriffen. Der hielt das Maßband dem Ulei unter die Nase und sagte, küss es. Wir johlten vor Freude aber gut gehen konnte das nicht. Der Ulei wurde blass und wollte das Maßband ergreifen, der Gefreite war schneller und steckte es ein. Leipziger baute sich vor Tischer auf, Gefreiter Tischer ich befehle ihnen jetzt und sofort das Maßband herauszugeben. Sollten sie den Befehl verweigern kennen sie die Konsequenzen. Unter lauten Buh rufen gab er das Maßband raus. Einer rief, das merken wir uns Ulei. Der sagte nur, Tischer nach 18.00 Uhr kommen sie auf mein Dienstzimmer. Am Abend hatte Gefreiter Tischer sein Maßband wieder. Der Ulei war kein Dummer, er hatte dafür gesorgt das jeder sein Gesicht wahren konnte. So ein Verhalten wussten die E`s zu schätzen.
Überhaupt machten die Uleus im Bataillon einen recht guten Eindruck. Sie waren geistig beweglich, immer auf der Höhe der Zeit und bemüht aus der jeweiligen Situation das Beste zu machen. Wer von den Abiturienten sich für Offizier auf Zeit entschieden hatte, war ein helles Köpfchen. Sie verdienten im Vergleich zum Unteroffizier viel mehr Geld, waren mit Urlaub besser gestellt, genossen auch so viel mehr Freiheiten und waren bei den Soldaten recht gut angesehen. Dafür mussten sie nur ein Jahr länger dienen wie der Unteroffizier.
Im Bataillon gab es einen E, Soldat Pötschke, der war schon über 50 mal in UE ( unerlaubte Entfernung ) gewesen. Oberstleutnant Benz, der Batailloner, versuchte diese Angelegenheit unter den Tisch zu kehren. Immer wieder schickte er die Wache los um ihn zu suchen und zurück zu bringen. Eines Tages bekam der Divisionsstab von den Vorfällen Kenntnis. Der Soldat wurde zu vier Monaten Schwedt ( Armeeknast ) verurteilt. Das war Mitte November 79 passiert. Als dieser Pötschke im März 80 wieder zurück kam, hätte er normalerweise die Zeit nachdienen müssen. Um ehrlich zu sein, Pötschke hatte für mich nicht alle Tassen im Schrank, er war brutal und gewalttätig. Passte ihm was nicht drohte er sofort mit Prügel und oft genug kam es vor das er es in die Tat umsetzte. Auch nach seiner Strafe hatte er sich nicht geändert, immer nur die große Schnauze. Das war ungewöhnlich, denn Schwedt war kein Zucker lecken. Für mich war es ein Zeichen, das mit ihm irgend etwas nicht stimmte. Eines Abend marschierten wir zum Abendessen, Uleu Werneke von der zweiten Kompanie hatte OvD und kontrollierte gerade das Küchenobjekt, als Pötschke zum Essen kam. Sofort belegte er den Uleu auf das Übelste. Aus seinen Worten entnahm ich, sie mussten wohl aus dem selben Dorf stammen. Er sagte unter anderem zum Uleu, irgendwann erwische ich dich, dann bist du fällig, dann steche ich dich ab. Den Uleu beeindruckte das wenig. Er sagte du warst in der Schule schon ein Schaumschläger und bist es jetzt noch. Irgendwann wird es mit dir Pötschke ein schlimmes Ende nehmen und wenn du nicht zusiehst dass du aus meinen Augen verschwindest, lasse ich dich wieder dorthin bringen wo du gerade herkommst. Pötschke bekam ein Schreikrampf, der Uleu ging und kam mit der Wache wieder. Sie arretierten Pötschke vorläufig. Zwei Tage später wurde er als Zivilist in unehren abgeschoben.

Freitag, 8. Juli 2011

Soldatenleben




Das Soldatenleben hatte mehr Schatten wie Sonnenseiten. Aber man hatte sich längst daran gewöhnt. Das Soldatenleben konnte man überhaupt nicht mit dem zivilen Leben vergleichen. Es hatte irgendetwas Abstraktes. Selbstständiges Denken und Handeln war eigentlich nur in ganz eingeschränkten Bereichen gefragt. Es wurde immer wieder Disziplin eingefordert bis zum blinden Gehorsam. Nicht nachdenken über Dinge die man Tat oder die einem eingetrichtert wurden. Aber das wird wohl weltweit in jeder Armee so sein, dass das Leben eines Soldaten bis ins kleinste Detail reglementiert war. Das betraf natürlich auch das Essen. Wir hatten schon das Pech nicht den besten Koch zu haben aber es gab noch unangenehmere Dinge, wenn es ums Essen ging. Da war z. B. der Komplektetag. An diesem Tag gab es Essen ausschließlich nur aus Büchsen. Mir graute eigentlich immer davor. Brot aus Büchsen, Suppe aus Büchsen, verschiedene Wurstsorten aus Büchsen und auf das Verfallsdatum schaute man besser nicht. Manchmal wurde auch zweimal im Monat so ein Tag eingelegt, damit man die überlagerten Bestände abbauen konnte. Im Speiseraum standen die kleinen Büchsen Waschkörbe voll rum.   Die besten Wurstsorten wie Schmalz oder Rindfleisch waren sofort vergriffen, übrig blieben Wurstsorten wie Thüringer Rotwurst ( Blutwurst ), Leberwurst oder Mortadella. Richtig verhasst waren die Fettbüchsen, die groß wie ein 5 Literfass waren. Das Zeug erhielt den wenig schmeichelhaften Namen Bunafett. Ich dachte da musst du dir etwas einfallen lassen. Denn noch ungenießbarer war das Mittagessen. Für gewöhnlich gab es weiße Bohnen. Es war einfach nur schauderhaft. Oftmals lagen in den Wäschekörben kleine Kocher mit Spiritustabletten, wie wir sie auch im Sturmgepäck hatten. Ich schnappte mir zwei drei solche Kocher samt Tabletten dazu jede Menge Blutwurst und Leberwurstbüchsen. Auf dem Zimmer schnippelte ich mir eine Zwiebel klein, klappte das Kochgestell zur U – Form auf und legte die Tabletten hinein und zündete sie an. Dann öffnete ich die Wurstbüchsen und verrührte die Wurst mit den Zwiebeln, würzte mit Salz und Pfeffer nach. Auf dem Fensterbrett brutzelte ich mir dann mein Essen. Da wir kein Kochgeschirr hatten, dienten die Büchsen als Bratpfanne. Kempe schaute was ich mir da so zurechtkochte und meinte iiihhh, tote Oma. So nannten wir Dresdner das Gericht aus Blutwurst und Zwiebel, in anderen Gegenden heißt es wohl Grützwurst. Gefreiter Reifke rief, Müller mach mir mal eine Büchse davon. Es hatte eben jeder seinen eigenen Geschmack. Dazu gab es Atombrot aus der Büchse. Manchmal hatte es auch sein gutes, dass man für andere das Essen mitbringen musste. An einem dieser Komplektetage gab es zusätzlich Fischbüchsen und zwar nicht die einfachen, wie sie es in den Läden zu kaufen gab, mit dieser ekelhaften Makrele. Nein es gab welche mit Hering in Tomatentunke. 10 Stück schnappte ich mir für das Zimmer, wenn nicht alles auf einmal gegessen werden sollte, war es auch nicht  schlimm, ein Soldat hat immer und ständig Hunger. Ich schaute nochmals in die Glasvitrine, irgend etwas stimmte in meinem Blickfeld nicht. Richtig, weiter hinten standen noch mehr Fischbüchsen aber mit einer anderen Form. ich zog sie zu mir. Was da zum Vorschein kam hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen, ich wusste gar nicht das so etwas in der DDR produziert wird. Es waren Ölsardinen von Rügenfisch. Da musst ich erst 20 Jahre alt werden, um diese Erfahrung zu machen. Schnell schob ich mir fünf von diesen Büchsen in die Hosentasche. Zwei wollte ich mit nach Hause nehmen, eine für Conny und eine für Vater. Der würde es mir doch sonst gar nicht glauben, das es soetwas in der DDR gibt. Also Ölsardinen schon aber nicht  aus der DDR Produktion. In den Delikatläden konnt man für teures Geld Spanische kaufen, da kam eine Büchse je nach Sorte zwischen 5 und 10 Mark. Das brauchten wir Gott sei Dank nicht kaufen, da Erna immer welche in ihren Paketen schickte.Das Essen in unserer Kaserne war wirklich nicht viel wert. Das lag mit Sicherheit daran dass der Chefkoch, ein Soldat des zweiten Diensthalbjahres, das Kochen in einer Großküche eines DDR Kombinates gelernt hatte. Eines Tages war er krank gemeldet, er hatte Durchfall, kein Wunder bei dem was er da zusammenrührte. Ein Resi ( Reservist ) vom Sanitätsbataillon, der im zivilen Leben Chefkoch in einem Hotel in Waltershausen war, übernahm die Küche. Das Essen wurde von Heute auf Morgen um Längen besser. Selbst die E`s die für gewöhnlich nie Essen gingen, rafften sich auf persönlich zum Mittagessen zu erscheinen. Für die nächtsen 14 Tage stellten sie ihren stummen Widerstand zum Essen ein. Für den Chefkoch vom zweiten Diensthalbjahr hatte das noch ungeahnte Folgen. Eines Tages als er wieder im Dienst war, packten ihn die Resis und tauchten ihn mit dem Kopf solange in einen der riesigen Kochkessel, bis Luftblasen aufstiegen. Aber seine Kochkünste wurden dadurch auch nicht besser. In der Armeeküche gab es neben dem Chefkoch noch einige Beiköche. Ganz klar, die viele Arbeit konnte einer alleine nicht bewältigen. Einer dieser Beiköche hieß Grabowski und war vom ersten Diensthalbjahr. Wie soll ich sagen, ohne jemanden zu Nahe zu treten, er sah etwas unappetitlich aus.Sein Gesicht war verpickelt, ein Großteil der Pickel war aufgekratzt und es fehlte ihm ein Schneidezahn. Dazu trug er immer eine hohe Kochmütze, ich musste immer an einen Clown denken. Das sauberste an ihm war die Kochjacke die er trug. Eines Sonntags Morgen saßen wir in der Kantine und ärgerten uns über die schlecht abgeschreckten Eier. Große Eistücken blieben beim Schälen an der Schale hängen. Grabowski hüpfte gerade vergnügt durch die Küche. Wütend rief Soldat Meißner ihm hinterher, am nächsten Sonntag hältst du mal deinen Kopf über die gekochten Eier,damit sie ordentlich erschrecken. Wir malten uns aus wie er sein verpickeltes Gesicht über den Rand des Kochkessels schob und sich die Eier furchtbar erschraken. Vor lachen bekamen wir uns nicht mehr ein. Wer den Schaden hat, brauch für den Spott nicht zu Sorgen. Ansonsten war Grabowski kein schlechter Kerl. Da mein Fahrzeug so selten rollte, wurde ich hin und wieder zum Küchendienst abgestellt. Dieser Dienst hatte bei uns den wenig schmeichelhaften Namen Syphdienst. In den Aufgabenbereich vielen Arbeiten, wie das Abwaschen, abwischen der Tische usw. Die Küchenbullen sorgten schon dafür, daß einem nicht langweilig wurde. Der eine war vom Dienstgrad Oberfeldwebel, der andere Oberfähnrich. Beide hielten sich auch für Oberschlau und unfehlbar. Am schlimmsten war der Oberfähnrich, der war von dem krankhaften Ehrgeiz beseelt, Offizier zu werden.Dementsprechend trat er auch im Dienst auf und schubste einen den ganzen Tag in der Küche hin und her. Grabowski versuchte dann mich immer aus der Schusslinie zu nehmen, so das mich der Fähnrich nicht zu Gesicht bekam. Am Feierabend schob er mir oftmals ein Fresspaket fürs Zimmer zu. Die Fresspackete verbesserte ich  indem ich aus der thüringer Zungenwurst, die keiner essen wollte, die Zungenstücke herausschnitt. Die waren lecker.
Zum Soldatenleben gehörten auch alkoholische Exzesse und das trotz absoluten Alkoholverbotes in der Kaserne, oder vielleicht gerade deswegen. Es war mal wieder Samstag Abend. Wir hatten unseren Stubenputz schon beendet. Die E`s und die Zwischenschweine waren Fernsehen gucken. Ich schrieb einen Brief an Conny, da meinte Kuchta eigentlich könnten wir Bier holen. Ich schaute ihn an, hast du Geld?? Er schüttelte den Kopf, wir drei vom ersten Diensthalbjahr waren ziemlich klamm. Kempe meinte der Holz muss doch noch einen auf sein Treibhaus ausgeben. Das war richtig, ich sagte, ich rede mal mit Caspar und Holz. Kaum hatte ich die Türe zum Fernsehraum geöffnet, rief jemand raus du Springschwein, es war Domaschke das dumme Brot, der hatte mich gefressen. Caspar meinte das ist eine gute Idee, ich kläre das mit Holz. Fünf Minuten später kam er aufs Zimmer und gab grünes Licht. Thomas und Andreas machten sich auf die Socken, ich schrieb meinen Brief fertig. Als sie wieder kamen erzählten sie, sie hätten das halbe Zimmer von Neubert beim Bier holen getroffen, da muss wohl die Nacht eine Fete steigen. Na logisch, bei Neubert auf dem Zimmer lag auch Nimitz und der war Gefreiter geworden. Nach dem Fernsehabend kamen das zweite und dritte Diensthalbjahr aufs Zimmer. Wir saßen noch gemütlich bis 01.00 Uhr zusammen. Am nächsten Morgen war das Erste was man hörte, beim Gefreiten Neubert auf dem Zimmer muss die Nacht die Hölle los gewesen sein. Sie hatten Kristallnacht gespielt. Nach dem sie an die 100 Bierflaschen vernichtet hatten, sind sie auf die blöde Idee mit der Kristallnacht gekommen. Sie hatten in ihrem Suff die gesamten leeren Flaschen an den Zimmerwänden zerdroschen. Die Splitter lagen überall herum, in den Betten auf den Schränken, einfach überall. Als Uffz. Beetz der UvD hatte, dazwischen gehen wollen, hatten sie den schweren Glasaschenbecher nach ihm geworfen. Es war großes Glück für beide Seiten dass er nicht getroffen wurde. Die Springer, Chaleri, Steiger Andreas und Paulick Guido, hatten bis früh 6.00 Uhr gebraucht um die Stube wieder herzurichten. Guido war dabei durchgedreht, er wollte aus dem Fenster springen. Sie hatten ihm auf dem Fensterbrett noch zu packen bekommen und auf einem Stuhl festgebunden. Erst danach sind die E`s zur Besinnung gekommen und hatten sich bemüht ihren Springern zu helfen. Es war ja nicht nur das Glas was beseitigt werden musste. Die Wände klebten von den Bierresten genauso die Bettwäsche. Es musste ja alles gesäubert und gewechselt werden. Uffz. Beetz hatte dicht gehalten. Das rechneten die E`s ihn hoch an. Er hatte es jetzt erheblich leichter mit ihnen auszukommen. Als er von der Unteroffiziersschule kam und seinen ersten UvD stehen musste, hatten sie ihm beim stricken ertappt. Damit wurde er zum Gespött der Soldaten und als weibisch abgestempelt. Nicht nur die Soldaten soffen in der Kaserne. Anlässlich des Tages der NVA sollte eine große Feier für die Offiziere im Festsaal des Bataillons stattfinden. Als Stargäste hatte man die Molly - Sisters eingeladen. Das waren vom Gewicht her reichlich gesegnete Zwillingsschwestern, die gerade auf einer kleinen Erfolgswelle im Schlagerbereich der DDR schwammen. Schmalz bekam ganz gierige Augen, na wenigstens passten sie zu dem. Jedenfalls mussten Soldaten bereit gestellt werden, um die gastronomischen Bedürfnisse der Offiziere befriedigen zu können. Von unserem Zimmer wurde Soldat Winkler abkommandiert. Die Feier ging weit bis nach Mitternacht und wir warteten auf die Brotsamen die übrig blieben. Gegen 03.00 Uhr kam Winkler mit zwei Flaschen Schnaps.
Im März hatte ich meinen Erholungsurlaub. Vier Tage weg von dem Haufen. Caspar meinte, lass dir nicht einfallen wieder in Zivil zu erscheinen. Hauptfeld Hofmann machte mir keinen Stress, aber mit Chaleri hatte er sich in den Haaren, irgendwie hatten beide Mal ein unangenehmes Erlebnis miteinander gehabt. Ich wartete auf Chaleri, eine halbe Stunde später durfte auch er gehen, unseren Zug bekamen wir gerade noch so. Chaleri hatte sich auch einmal mit Oberleutnant Nikolaus in den Haaren gehabt. Hinterher meinte er bloß, der ist doch patschenblöd. Seit dem hatte Nikolaus den Namen Patschen weg. Der Weg nach Dresden führte immer über Leipzig. Wenn es in die Heimat ging mussten wir dort  umsteigen. Chaleri und ich schlenderten gemütlich den Bahnsteig entlang, wir waren bei weitem nicht die einzigen Soldaten die in den Urlaub wollten. Auf einmal hörten wir einen gewaltigen Radau vor uns. Interessiert schauten wir was da los war. 3 Gefreite der Luftwaffe, die schon einen gewaltigen im Trops hatten, machten gerade eine Gruppe von Schnürsenkelgefreiten ( Unteroffiziersschüler )so richtig an. Laut Dienstgradordnung war der Rang eines Unteroffiziersschülers dem eines Gefreiten gleich zu setzten. Hier holte das wahre Soldatenleben die Schnürsenkelgefreiten ein, in der Hierarchie der Ek - Bewegung standen sie auf der allerletzten Stufe. Schadenfroh vielen wir in das Gelächter ein. An den Unteroffiziersschulen wurde aber auch alles getan, um sie dem Spott des normalen Soldaten preis zu geben. Wie frisch geschorenen Schafe standen sie mit ihren Frisuren hilflos und eingeschüchtert auf dem Bahnsteig.
Ich verbrachte die meiste Zeit mit Conny, in Heidenau. Ihr Bauch war nun schon ganz schön angewachsen. Im Mai sollte es ja soweit sein. Wir wussten es wird ein Junge. Conny wollte ihn unbedingt nach mir benennen. Ich war davon nicht all zu sehr begeistert, aber sie wollte es so. Ich hatte ihr nicht nur die Sardinen mitgebracht, Conny war ganz scharf auf das Atombrot. Sie meinte das ist Roggen und sehr gesund. Ich sagte nichts dazu. Roland, Hüni und Becki sah ich nur kurz. Roland wollte mich nächste Woche besuchen kommen, da schaffte er seinen Vater zur Kur. Es gab vor der Geburt, noch eine Menge Wege zu erledigen. All zuviel hatte ich ja nicht mitbekommen. Conny hatte irgendwo einen Kinderwagen gekauft. Hüni brachte ihn mit seinem Opel nach Hause. Vier Tage Urlaub war sowieso ein Witz, man bekam seinen Kopf in dieser kurzen Zeit gar nicht frei.  Mit hängendem Kopf ging es zurück.  Chaleri und ich waren die Einzigen von unserem Diensthalbjahr die den Zug Warschau – Paris nahmen. Ordentlich angetütelt kamen wir in der Kaserne an. Ein paar Tage später kam Roland zu Besuch, in seinem Schlepptau kam sein großer Bruder und seine Schwägerin mit. Ich freute mich riesig über die drei und die Flasche Goldbrand die sie mitbrachten. Die Armee ließ Roland zappeln, wir vermuteten dass es mit seiner Einstellung zu Vater Staat zusammenhing. Als sie gehen wollten bedauerte ich es sehr. Roland meinte, tröste dich, ehe ich zur Armee komme bist du schon lange wieder zu Hause. Da hatte er wahrscheinlich recht. Nach der Stubenreinigung teilten wir 10 Mann uns in die Flasche. Ich war kein Freund von groß aufheben, denn oft genug machten Roos, Lück und Patschen sich auf die Suche nach Alkohol. Hatten der Lückenhafte und Patschen etwas hochgefädelt, soffen sie es immer selber aus. Bei Roos war ich mir da nicht so sicher, da hatte ich es schon einmal erlebt dass er ihn ausgoss. Auch untereinander war die Regel so, hatte man bestimmte Arbeiten zu erledigen und fand da z. B. eine Flasche Schnaps, konnte man diese behalten. Wieder eines von den ungeschriebenen Gesetzen. Eines Samstag Nachmittag, ich schrieb gerade einen Brief an Conny, ging die Stubentür auf, der UvD trat ein. Winkler Besuch für dich am Kasernentor. Winkler wurde blass. Das kann nur meine alte Freundin aus Dresden sein. Die muss doch wohl doof sein, ich habe ihr geschrieben das sie meinen Urlaub gestrichen haben. Jetzt kommt die mich besuchen. Was mach ich bloß? Alles grinste nur ich sagte zu ihm, da wird es Zeit das du mal reinen Tisch machst. Bist du verrückt Müller, doch nicht jetzt und hier, kannst du nicht mal runter gehen und ihr sagen, das ich abkommandiert bin? Ich dachte so ein feiger Sack und fragte, was ist dir das wert? Ein Teil Bier rief er erleichtert, ich schüttelte den Kopf, das sind für jedem auf dem Zimmer gerademal zwei Bier. Du Gauner meinte er, na gut dann eben Zwei. Also machte ich mich zum KDL auf und sprach mit seiner Ex Freundin. Ich erklärte ihr, Soldat Winkler ist vor zwei Tagen zu einer Übung ausgerückt und fragte hat er das denn nicht geschrieben? Verlegen meinte sie, der weiß doch gar nicht das ich komme. Wenn ich das Gewusst hätte, dass er gar nicht da ist, hätte ich unsere Kinder ja gar nicht zu meiner Freundin schaffen müssen. Ich fühlte mich richtig mies und verabschiedete mich mit ein paar tröstenden Worten. Auf dem Zimmer war Winkler ganz aus dem Häuschen, das ich sie abgewimmelt hatte. Kinder hast du auch, fragte ich? Nö, meinte er, die hat sie mitgebracht. Trotzdem finde ich es nicht in Ordnung von dir, wie du das machst. Winkler wollte es in den nächsten Tagen mit ihr klären. Ich winkte müde ab.




Donnerstag, 7. Juli 2011

Fahrzeugpark

Wir sollten uns mit der Fahrzeugtechnik besser vertraut machen. Die E`s nannten das Fahrzeug kaputt warten und pflegen. Nach dem Morgenappell rückten wir jetzt fast jeden Tag ab in den Fahrzeugpark. Mein Fahrzeug stand ziemlich nah an der Kompanie heran. Links von meinem Lkw parkte der vom Gefreiten Reifke und rechts von mir der von Soldat Holz. Die ersten 10 Lkws gehörten alle zu unserer Gruppe. Soldat Holz war der einzige auf dem Zimmer der in der Partei war. Er kam von irgendeinem Dorf aus der Nähe von Meißen. Er erklärte jedem der es wissen wollte oder auch nicht, das er nach der Armeezeit eine Ausbildung als Agrar – Flieger beginnen wollte. Aus diesem Grund wäre er in die Partei eingetreten. Genau genommen klang seine Erklärung eher wie eine Entschuldigung. Er war kein schlechter Kerl und nur das zählte für mich. Aber ich lotete schon aus, wie weit ich mit meinen Spitzen gehen konnte. Holz war Vize, eines Tages sagte er zu mir: Kehr mal bitte den Dreck vor meinen Spind weg und du müsstest heute mal die Toiletten wienern. Ich tat erstaunt und sagte, das du als Genosse dich an der Ek Bewegung beteiligst wundert mich schon. Er bekam einen knallroten Kopf, die Anderen auf dem Zimmer grinsten nur Caspar sagte, Müller hör auf oder du putzt heute noch meine Stiefel. Anderen die Stiefel putzen galt als die Erniedrigung schlecht hin bei uns auf der Kompanie. Gewöhnlich putzte jeder seine Eigenen. Gleich nach dem Schuhe putzen kam das Reinigen der Stubenhockerfüße. Diese Füße bestanden aus kleinen Plastestöpseln welche in die Rohrbeine des Hockers gesteckt wurden. Im Laufe der Zeit blieb da so mancher Schmutz hängen. Mittels einer Drahtbürste wurde er entfernt. Im Anschluss wurden noch mit einem feuchten Lappen die Stöpsel nachpoliert. Für einen Stöpsel benötigte man 3 – 5 Minuten. Vier Stück waren am Hocker und auf der Stube gab es 10 Stück davon.
Jedenfalls meint Holz, dein Auto steht sich kaputt das ist schon über ein halbes Jahr nicht mehr bewegt wurden. Das liegt an deiner Ladung, du bist der einzige von uns der keine Fässer fährt. Du hast Ergänzungsmaterial und flexible Tankbehälter geladen. Was ist denn das für Zeug? Das sind Ersatzpumpen und Tankbehälter aus einer Gummimischung, da gehen bis zu 5000 Liter hinein. Benötigt wird dieses, wenn mal ein Tanker eine Havarie hat. Uffz. Graichen meinte, wir werden demnächst mal die Plomben an der Ladefläche entfernen, dann kannst du dich mit der Ladung vertraut machen.
In zwischen wurde es im Februar richtig kalt. Die Temperaturen sanken auf minus 10 Grad. Da fiel es Zapfenludi wieder ein, er war Zugführer der Tankerfahrer, sie hatten vergessen bei den Tankern die Wasserabscheider zu leeren. Wenn das Wasser in den Abscheidern gefror und die Rohre platzten, dann liefen die Tanker aus. Der Major bekam einen Schreikrampf, er machte Ludi rund. Das war typisch für den alten Sack, der taumelte nur durch den Tag. Die Tankerfahrer wurden an die Fahrzeuge geschickt um die Abscheider zu leeren. Es war zu spät, sie waren zugefroren. Guter Rat war teuer um das Schlimmste zu verhindern. Gefreiter Neubert meinte da helfen nur heiße Umschläge, damit das Eis wieder auftaut. Roos sein Gesicht hellte sich auf, Neubert rief er, sie übernehmen das Kommando. Neubert teilte jedem Tanker zwei Leute zu, der eine musste immer für heißes Wasser sorgen und der andere machte die Umschläge. Wir waren die nächsten Stunden mit auftauen beschäftigt. Zapfenludi rannte wie ein Dackel mit hängenden Ohren zwischen den Tankern hin und her. Auf einmal ging ein mörderisches Specktakel los. Gefreiter Petrasch prügelte einen Soldaten zwischen den Tankern heraus und brüllte du Dreckschwein willst uns wohl alle umbringen.Er bekam sich gar nicht mehr ein schlug und brüllte wie ein Wilder. Ich schaute genauer hin. Es war Soldat Althaus vom zweiten Diensthalbjahr den er schlug, er war einer von den wenigen Thüringern. Er kam aus dem Eichsfeld. Es war mit Sicherheit kein vergnügen von Petrasch verprügelt zu werden. Der hatte im zivilen Leben schon eine Vorstrafe weg, wegen prügeln. Er war ein kleiner, drahtiger, muskulöser Kerl und hatte eine richtige Schlägervisage. Ich ging ihm weitestgehend aus dem Weg. Drei Gefreite gingen dazwischen und zerrten Petrasch weg von Althaus. Es stellte sich heraus, Althaus hatte versucht mittels Feuer unter den Wasserabscheitern den Auftauprozess zu beschleunigen. Er tränkte alte Lappen mit Diesel und zündete sie an. Der musste doch wohl nicht ganz dicht sein, dieser Blödmann. Da hatte Petrasch uns ja wirklich das Leben gerettet. Es war wirklich so, der Oswin lauert überall. Aber wie so vieles wurde auch der Vorfall unter den Teppich gekehrt, denn die eigentliche Ursache war ein Offizier, in dem Fall Zapfenludi.
So langsam aber sicher ging es auf den Tag der NVA zu. Der wurde immer am 1. März gefeiert. Das war so etwas wie der Tag der offenen Türe. Es kamen Schulkassen, Eltern,Lehrlinge, etc. in die Kaserne. Es wurden die best erhaltenen und neusten Fahrzeuge zur Schau gestellt. Wir mussten unsere Fahrzeuge auf Vordermann bringen. Nach dem Waschen wurden farbliche Ausbesserungen vorgenommen und zum Abschluss mit einem Dieselfilm versehen. Der Diesel wurde mit Hilfe einer Sprühpistole aufgetragen. Die Autos glänzten wie eine Speckschwarte. Dann wurden sie auf den Exerzierplatz gefahren und für die Fahrzeugparade ausgerichtet. So stellte jede Kompanie und das Sanitätsbataillon ihre Technik zur Schau. Im Zuge der Feierlichkeiten wurden am Vortag des 1. März die Wachen verdoppelt, um unliebsame Zwischenfälle zu vermeiden. Es war das erste Mal das ich Wache schob. Ulei Leipziger oblag es die Wachen einzuteilen. Er führte auch die Wachbelehrung durch. Das war natürlich alles Neuland für mich. Leipziger wertete die letzten Wachvorkommnisse aus. Im Anschluss belehrte er uns über den Umgang mit der Schusswaffe. Die Anwendung der Schusswaffe ist die höchste und letzte Form der Gewaltanwendung. Sollte jemand in das Objekt eindringen, muss er als erstes aufgefordert werden stehen zu bleiben. Kommt er der Aufforderung nicht nach muss er erneut angerufen werden mit der Auforderung stehen zu bleiben und dem Hinweis auf den möglichen Einsatz der Schusswaffe. Sollte das alles nicht fruchten, hat ein Warnschuss in die Luft zu erfolgen. Erst bei nicht Beachtung des Warnschusses war ein gezielte Schuß in die Beine erlaubt.
Ich hatte Glück und bekam nur eine Nachtwache aufgebrummt. 18.00 Uhr war Wachwechsel, vor der Vergatterung fassten wir Waffen und Munition aus. Zur Wachausrüstung zählten vier Magazine für die Kalaschnikow. Zwei wurden mit Patronen versehen oder wie wir sagten aufgemumpelt. Die Mumpeln waren fein säuberlich auf ein Brett gesteckt, es viel sofort auf wenn eine fehlte. Nach der Vergatterung rückten wir ins Wachlokal ein. Ich sah diese Einrichtung das erste Mal von ihnen. Aus dem Wachlokal  kam eine richtige Wolke von alten, kalten Schweiß und Zigarettenrauch. Gefreiter Richter erläuterte mir, dass die hygienischen Bedingungen im Wachlokal noch nie Besten waren. Im Aufenthaltsraum standen 5 Betten, dort schmissen sich nach 22.00 Uhr die Soldaten zum ruhen hin, in voller Montur. Ausziehen war verboten, Bettwäsche gab es keine, nur ein paar alte keimige Schwarzdecken lagen da und die stanken so mörderisch. Aus diesem Grund versuchten die E`s in den Knastzellen zu schlafen, die waren steriler. Nur war das eben verboten. Ich hatte keine Zeit mich groß umzusehen, denn ich musste gleich auf Posten ziehen. Der Ulei rückte mit uns ab zum Wachplatz, hier wurden die Kalaschnikow geladen bzw. entladen. Richter und ich lösten den Posten 2 ab. Richter erklärte das die Posten normalerweise aller 4 Stunden wechseln, was zwar gegen die Vorschrift war aber man konnte länger schlafen. Heute wäre dies allerdings nicht möglich, weil der Ulei Wachhabender war. Gewöhnlich sind Wachhabende nur Uffze. aber durch die Doppelposten müsse diesmal ein Offizier den Wachhabenden spielen und der hält sich an die Dienstvorschriften. Nach zwei Stunden erschien der Ulei wieder, wir latschten die Postenrunde mit bis alle Wachen ausgetauscht waren. Auf dem Wachplatz nahmen wir die Magazine aus dem Gewehr und mussten es durchladen. Der Ulei kontrollierte das sich keine Mumpel im Lauf befand, abdrücken und Gewehr sichern. Erst dann rückten wir geschlossen ins Wachlokal. Schlafen war nicht, durch die Doppelposten war das Wachlokal überfüllt. Auf den Betten lagen die E`s. Wir spielten Skat, der Ulei maulte rum, denn Glücksspiele auf der Wache waren verboten. Massi sagte, Ulei seien sie nicht so, irgendwie müssen wir ja die Zeit rum kriegen. Er ließ uns in Ruhe. Als wir 24.00 Uhr wieder aufziehen wollten, kam der OvD zum Kontrollgang mit. Er war der einzige Offizier der das Wachlokal betreten durfte. So ging das bis Früh 06.00 Uhr. Dann musste ich nicht mehr aufziehen, die Nachtposten wurden nicht mehr besetzt. Aber wir mussten uns noch bis 18.00 Uhr im Wachlokal aufhalten. Tatsache, ab 10.00 Uhr kamen eine ganze Menge Besucher. Im Sozialismus wurde eben nichts dem Zufall überlassen. Gegen 11.00 Uhr kam der OvD. Die Soldaten die Wachfrei hatten sollten vorm Wachlokal antreten. Eine Klasse Viertklässler stand davor und sang extra für uns ein Lied, ein Rotes, war doch klar. Aber die Kinderaugen strahlten, sie waren glücklich dass sie uns eine Überraschung machen konnten. Ich hatte die Schulstationen ja auch durchlaufen und dachte nur, wenn die wüssten. Im Anschluss überreichten sie uns selbst gebastelte Geschenke. Ich muss zugeben, das hatte was Rührendes. Der Ulei meinte, Müller gehen sie mal mit den Knirpsen zu den Feldbäckern rüber und sorgen sie dafür dass sie etwas Frisches bekommen. Schon im Vorfeld hatte ich gehört, dass das Brot der Feldbäckerkompanie, wenn es noch frisch und warm war, richtig lecker war. Das muss sich auch bei der Erfurter Bevölkerung rumgesprochen haben, denn es stand eine beachtliche Anzahl Zivilisten davor. Neben den Feldbäckern dampften die Gulaschkanonen. Die Feldküche füllte für jeden der Knirpse einen Teller mit Bohneneintopf, ich holte frisches Brot ran und kostete natürlich als erster. Es war wirklich gut. Ich verabschiedete mich von den Kindern, schnappte mir mehrere Brote und ging wieder ins Wachlokal. Der Ulei meinte sehr gut Müller, mitgedacht. Zehn Minuten später war nichts mehr da. Schade, ich wollte mir noch für nächsten Tag welches mitnehmen. Kannste vergessen, meinte Richter, morgen kannst du jemanden damit erschlagen. Der Tag ging auch rum, 18.00 Uhr wurden wir von der neuen Wache abgelöst. Als Springer hatten wir das Wachlokal noch auf Vordermann zubringen, ehe die Wachablösung vollzogen wurde.
Nach Dienstschluss werteten wir den Tag aus. Früh nach dem Morgenappell wurde der große Bataillonsappell abgehalten. Es gab eine Menge Beförderungen Oberleutnant Lück und Wetzel waren zu Hauptmännern ernannt worden und die beiden Leutnante Nikolaus und Luderer waren zum Oberleutnant befördert worden. Aus unserem Zimmer wurde Soldat Holz vorzeitig zum Gefreiten befördert. Überhaupt von den fünf beförderten Soldaten waren vier Genossen. Das sagte schon wieder mal alles. Der eine Nichtgenosse war Nimitz, ihn hatte man nicht mit Beginn des dritten Diensthalbjahres zum Gefreiten gemacht, nun war er es doch noch geworden. Zur Beförderung erschien der stellvertretende Divisionskommandeur Major Pfeffer. Er galt als einer fähigsten Offiziere der Division. Er hatte in Moskau studiert, eine steile Kajere hinter sich und sollte einmal die Division übernehmen, so wurde gemunkelt.
Caspar sagte zu Holz, na du altes Treibhaus das kostet dich zwei Teile Bier, Holz nickte. Am nächsten Tag musste der ganze Zinnober wieder vom Exerzierplatz entfernt werden. Jede Kompanie fuhr ihre Fahrzeuge weg. Uffz. Graichen hatte bei Nikolaus durchgesetzt dass meine Ladung auf dem Lkw inspiziert wurde. Die Pumpen waren noch nie genutzt worden die drei flexiblen Tankbehälter sahen auf den ersten Blick ebenfalls neuwertig aus. Ich schaute mir diese Behälter näher an, sie waren mit einem bajonettartigen Verschluss versehen. Bei einem der Behälter viel mir auf, dass die Hülle äußerst porös war. Ich zeigte es Graichen und der wiederum holte Nikolaus hinzu. Als der für die Technik verantwortliche Offizier musste er entscheiden was mit dem Behälter wird. Austauschen meinte er, und zwar schnell und zusätzlich noch zwei Neue dazu. Bei der nächsten Fahrübung soll sowieso das Betanken getestet werden. Die nächste Fahrübung ließ nicht lange auf sich warten. Wir fuhren hinaus auf den Drosselacker unter der Leitung von Major Schmalz. Während wir die flexiblen Tankbehälter abluden schwafelte er von seinem Hobby der Jagd und füllte uns die Taschen mit seinem Jägerlatein. Die Tankerfahrer machten ihre Pumpen und Schläuche startklar. Während wir den Behälter an das Schlauchsystem anschlossen, mussten andere das Benzin von einem Tanker in den Anderen pumpen. Soldat Spielvogel und ich passten auf den Tank auf, Soldat Meißner bediente seinen Tanker. Er stellte die Pumpe an. Das Benzin floss sonst wohin nur nicht in den Tank. Ausmachen brüllte ich, Meißner verstand nicht sofort. Die ersten 100 Liter waren in den Sand gesetzt. Wir wechselten die Dichtungen am Bajonettverschluss und siehe da, es lief nichts mehr aus. Nachdem die Behälter zur Hälfte voll waren, meinte Schmalz das langt, die Pumpen funktionieren und jetzt schauen wir mal ob die Ventile der Tanks schließen. Wir lösten den Bajonettverschluss. Das Ventil am Tank schloss nicht. Es dauerte bis Spielvogel und ich den Schlauch wieder angeschlossen hatten. Wir stanken wie die Pest. Nicht nur uns ging es so, bei drei von fünf Tanks passierte dasselbe Malheur. Hunderte von Litern flossen in den Waldboden. Schmalz winkte nur müde ab und meinte, wenn der Förster was sagen sollte, stellen wir ihm 200 Liter Sprit zur freien Verfügung. Das haben wir schon einmal so gemacht. Wir pumpten die Tanks leer und verstauten sie auf dem Lkw. Ich dachte so für mich, ein Funke hätte genügt.
Solange ich dieses Fahrzeug fuhr wurde auch an den Ventilen nichts geändert.

Dienstag, 5. Juli 2011

Militärkraftfahrer

Was soll ich über den Urlaub sagen, er war auf alle Fälle zu kurz. Connys Bauch war gar nicht so rund wie ich es gedacht hatte. Von hinten geschaut viel es gar nicht auf das sie schwanger war. Wir schmiedeten Hochzeitspläne. Auf alle Fälle wollte ich nicht in Uniform heiraten. Auch wenn die Armee lockte, wer sich entschloss in Uniform zu heiraten den bezahlten sie die Feierlichkeiten. Obendrein so hieß es wurde man in einen besseren Zwirn gesteckt. Mir war`s egal, ich wollte nicht. Vater meinte mach dir keine Sorgen, die Hochzeit bezahle ich. Conny sagte, ihre Mutter will auch ihren Teil zugeben. Vater verzog das Gesicht, er konnte meine zukünftige Schwiegermutter noch weniger leiden wie ich. Den Grund den Vater anführen konnte, sie war eine einfache und in seinen Augen ungebildete Frau. Conny wollte im September heiraten. Das Aufgebot beim Standesamt musste sie bestellen. Silvester feierte wir mit Rücksicht auf Connys Zustand zu Hause. Wir gingen kurz nach Mitternacht in die Heia, und im Bett  war es mit ihr immer noch nett. Logisch das ich mich mit Roland und Hüni traf und wir die Mitropa unsicher machten. Sie boten Conny ihre Unterstützung an, wenn sie Wege zu erledigen hätten. Roland erzählte im Frühjahr hat sein Vater eine Kur in Bad Langensalza verschrieben bekommen, da werden sie mich auf dem Hin oder Rückweg einmal besuchen kommen. Der Urlaub war schnell um, ich musste wieder zurück. Im Vorfeld hatten wir uns ausgemacht, den Zug Warschau - Paris zu nutzen, obwohl er für uns verboten war. Aber er fuhr gegen Mitternacht und war reichlich drei Stunden später in Erfurt. Früh 06.00 mussten wir zum Dienstantritt zurück sein. Ich entschloss mich in Zivil zurück zufahren. Das war streng verboten, wer erwischt wurde konnte wenigstens mit Ausgangssperre rechnen. Aber es hatte den Vorteil, sollte Militärstreife auf dem Bahnhof sein, und  das kam oft vor, durften sie einen nicht kontrollieren. Für mich war das Ausschlag gebend. Denn auf dem Urlaubsschein stand, dass der Zug für uns tabu war. Erwischte einen die Militärpolizei im Zug, nahmen sie einen fest und man hatte ein echtes Problem an der Backe.
Unsere Zivilklamotten die wir am Tag der Einberufung anhatten mussten wir in der ersten Woche nach Hause schicken. Ich schnappte mir meine Levis, zog ein frisches Hemd aus dem Schrank, schmiss mir den Anorak über und los ging es. Der Zug Warschau Paris fuhr vom Neustädter Bahnhof, also fuhr ich mit der S – Bahn über die Elbe und stieg dann um. Ich lief durch den Zug bis ich Chalerie fand. Er war in Görlitz eingestiegen. Ihm klappte der Kiefer runter als er mich in Zivil sah. Bist du verrückt meinte er, wie willst du denn in die Kaserne kommen. Lass das mal meine Sorge sein, meinte ich lachend. Und selbst wenn du es schaffst dann machen die E`s dich zur Schnecke. Ich meinte nur wir werden sehen. Die gleichen Befürchtungen äußerten Andreas und Heini. Jens war mit einem normalen D - Zug gefahren, das mit der Militärstreife war ihm nicht geheuer. Ich sagte zu meinen Kameraden, ich muss die Bedenken nicht haben. Chaleri meinte ist doch auch egal, weit und breit ist keine zu sehen und er wäre auch schon durch den Zug gelaufen, nichts meinte er. Ich will ja keine Panik machen, wir halten in Riesa, Leipzig und Weimar, da können die Kettenhunde immer noch zusteigen. Nach dem Disput wanden wir uns den hochgeistigen Getränken zu und machten es uns gemütlich. Kurz hinter Riesa schlief Chalerie ein, ich beneidete ihn er konnte überall schlafen, dass musste ich mir noch antrainieren. Militärpolizei stieg keine zu. Kurz hinter Weimar ging ich auf die Zugtoilette und zog mich um. Die Zivilsachen verstaute ich ganz unten in meiner Tasche. Den Alkohol brauchte ich nicht mehr verstecken, keine Uffz. getraute sich mehr einen nach Alkohol zu kontrollieren, die E`s hätten ihn rund gemacht und einen Offizier früh um 3.00 Uhr in der Kaserne anzutreffen war unwahrscheinlich. Die Wache im Objekt machte keinen Ärger, warum auch, wir bewachten unser Objekt ja selber. Der UvD auf unsere Kompanie freute sich uns wieder zu sehen und meinte ihr seid die Letzten, jetzt hat die Kompanie wieder volle Gefechtsstärke. Am nächsten Tag wurde der Weihnachtsurlaub ausgewertet. Aus unserer Kompanie waren alle pünktlich zurück gekommen. Wir waren die einzige Kompanie bei der es keine Probleme gab. Der Major war es zufrieden. Schnell hatte uns der Alltagstrott wieder. Nach einer Woche sprach ich mit dem Gefreiten Caspar über meine Zivilsachen. Ich erklärte ihm den Hintergrund. Das hat auch keiner von der Kompanie gesehen behauptete ich. Aber was passiert bei einer Spindkontrolle wenn sie meine Sachen finden. Die anderen E`s werden sagen der Caspar hat seinen Laden nicht im Griff. Gefreiter Caspar schaut e mich an und meinte Müller du bist ein Arschloch, du hast absolute Höhe, darüber ist noch zu reden. Aber du hast auch recht ich verstecke deine Sachen, so das sie niemand findet am besten lege ich sie zu den Meinen. Caspar hatte die Sachen in seiner Bastelkiste verstaut und den Schlüssel dazu hatte nur er. Die nächsten vier Wochen musste ich die Fenster putzen, dabei grinste ich genüsslich in mich rein. Ab pro po Bastelkiste, die meisten vom zweiten und dritten Diensthalbjahr hatten welche, die hatten ja auch genug Freizeit zum Basteln, was wir vom ersten Diensthalbjahr natürlich nicht hatten. Aber ich   muss neidlos anerkennen, es entstanden neben den berühmt berüchtigten Wäscheklammerbierkrügen wunderschöne Sachen. Es waren ja auch Erzgebirgler in der Truppe, die seid frühster Kindheit mit dem Pyramidenbau aufgewachsen waren. Der Einfallsreichtum beim Basteln war unerschöpflich. Die meisten Arbeiten wurden aus Speerholz gefertigt. Am schönsten fand ich die Lampen die aus diesem Material gefertigt wurden. Aber damit konnte ich mich vielleicht später einmal beschäftigen, jetzt hatte ich andere Sorgen.
Das Wetter war im Januar nasskalt, mal regnete es mal schneite es. Der Major setzte für das erste Diensthalbjahr eine Sonderausbildung auf dem Drosselacker an. Zwei Tage dauerte der Schund, wir übten vom Schützenlochgraben bis Sturmangriff mit aufgesetztem Bajonett alles. Diesmal war auch Ausbildung im Kartenlesen dabei. Uffz. Remus fragte großspurig in die Runde, na kann mir einer die Karte erklären? Ich tat es. Auf dem Übungsplatz war auch eine Kompanie Panzermänner, die gedrillt wurden. Ihr Anblick trieb mir ein lächeln ins Gesicht, im Durchschnitt waren sie alle einen halben Kopf kleiner wie wir. Der Major kam auf die Idee das Überrollt werden, von Panzern zu üben. Er jagte uns in die Schützengräben. Wir hörten wie die Panzer angelassen wurden. Der ohrenbetäubende Lärm kam immer näher. Ich wurde unruhig, obwohl ich wusste, wenn du den Kopf schön unten lässt kann nichts passieren. Neben mir im Graben lag der lange Müller von den Tankerfahrern. Auch er wurde unruhig aber er machte den Fehler zu gucken wo die Panzer waren. Ich schaute in sein Gesicht. Die blanke Panik war da zu erkennen. Schnell packte ich ihn an der Wattekombi und zog ihn nach unten. Kurz darauf rasselten die Panzer über uns hinweg. Ein Haufen Dreck prasselte auf uns hernieder. Als es vorbei war mussten wir beide über unsere Angst lachen. Am nächsten Tag war für die gesamte Kompanie eine Fahrübung angesetzt. Es hieß das würde die dreitägige Übung für die Qualispange werden. Nach dem Frühstück rückte die Kompanie aus. Die Fahrzeuge die ausrückten wurden mit drei Mann besetzt. Wir fuhren in den Bezugsraum nach Mönchenholzhausen, ein kleines Dorf bei Erfurt. Ich kam auf das Fahrzeug von Gefreiten Neubert, das war beruhigend der hatte Ahnung. Im zivilen Leben war er Berufskraftfahrer, irgendwie war er mit dem Auto verwachsen. Sogar der Major hörte sich ab und an mal seine Meinung zu fachlichen Dingen an. Meistens saßen auf den Böcken von jedem Diensthalbjahr einer. Das machte Sinn, so wurden die Erfahrungen am Besten weitervermittelt. Neubert meinte zu mir, wenn wir im Sammelraum angelangt sind zählst du zehn Schritte zu dem voraus fahrendem Fahrzeug ab und markierst die Stelle. Der Major kontrolliert den Abstand ziemlich genau. Kaum waren wir im Bezugsraum angelangt tobte der Major an der Kolonne herunter und rüffelte jeden an, der seiner Meinung nach nicht an der richtigen Stelle stand. In seiner charmanten Art brüllte er die Gefreiten an, Ek, Ek schreien aber nichts auf der Pfanne haben. Aber selbst mir als Frischling ging das Geschrei mittlerweile schon am Arsch vorbei. Danach hieß es Fahrzeuge abtarnen. Neubert erklärte mir, 90 Prozent der Fahrzeuge sind mit den neuen russischen Tarnnetzen versehen, die sind sehr schwer aber die Fahrzeuge sind mit Radar nicht mehr ortbar. Es ist ganz wichtig das die Netze wieder richtig zusammengelegt werden, das macht die Arbeit beim nächsten Mal leichter, also aufpassen Müller. Er jagte mich auf den Lkw und meinte wirf als erstes das Netz für den Hänger runter. Ich musste schon ganz schön die Arschbacken zusammenkneifen beim herunterwuchten des Netzes. Vize Holgert, der mit auf dem Auto fuhr, meinte das braucht ihr Springer. Neubert sagte lass ihn jetzt in Ruhe, er macht ja seine Arbeit, rumblödeln könnt ihr hinterher. Roll jetzt das andere Netz nach hinten aus und pass auf das du nicht herunter fällst. Vorsichtig kletterte ich über die Pritsche und sah zu das ich auf die Spriegel trat um nicht durch die Plane zu brechen. Inzwischen kletterten Neubert und Holgert auf den Lkw und zogen das andere Ende der Plane über das Führerhaus. Im Anschluss klappten wir das Tarnnetz aus um es leztendlich mit Zeltstangen abzustützen. Dann machten wir uns über den Hänger her. Neubert meinte, ich erklär dir wie du das Netz auch alleine auf den Hänger wuchtest, wenn du mal ohne Beifahrer unterwegs bist, weist du wie es geht. Zuerst legte ich das Netz auf die Deichsel und kletterte dann hinterher um mich breitbeinig auf diese zu stellen. In einem Zug hob ich das Netz nach oben, wobei ich die letzten Zentimeter ganz schön nachdrücken musste. Gemeinsam rollten wir es aus und brachten die Zeltstangen an. Nachdem wir angetreten waren erklärte der Major den Sinn und Zweck der dreitägigen Übung. Tatsache es ging um die Qualispange.Die Fahrübung wurde gleichzeitig als unsere Abschlussprüfung bewertet. Da hing eine Menge Geld für den Soldaten dran. Je nach Qualispange und Diensthalbjahr waren es 80, 100 oder 120 Mark. Das entsprach einem Monatssold. Wir vom ersten Diensthalbjahr konnten die Quali III erwerben. Diese Auszeichnung wollte sich keiner entgehen lassen. Dementsprechend hoch waren die Anforderungen an die Fahrkünste und an die Technikausbildung. Roos erklärte weiter, nach dem abtarnen wird das erste Diensthalbjahr fahren bis in den nächsten Bezugsraum. Um den Abstand zwischen den Fahrzeugen gleich zu halten, wird auf der Landstraße mit Durchschnittlich 30 km/h gefahren und auf der Autobahn bei 50 km/h. Besonders Rücksicht sei auf die Kradmelder zu nehmen, die die Verbindung zwischen der Kolonne und mir halten. Alle sollten noch einmal ihre Klarsichtscheiben der Schutzmaske überprüfen, was ich auch umgehend tat, ich wechselte sie. Schon brüllten die Offiziere Atomschlag Schutzausrüstung anlegen. Sie stoppten die Zeit und schienen zufrieden zu sein. Im Anschluss mussten wir die Fahrzeuge enttarnen. Sorgsam legten und rollten wir die Tarnnetze zusammen und ab ging die Post. Der Major gab das Zeichen, die Uffze. schwenken ihre Fahne und los ging es. Wir fuhren auf die Autobahn Richtung Erfurt West und verließen sie dort wieder. Die Kradmelder sperrten an den Kreuzungen die Straßen. Wir fuhren wie an einer Perlenkette aufgefädelt. Auf einmal sah ich am Straßenrand eine Gruppe Offiziere stehen, ich erkannte unter ihnen den Batailloner Oberstleutnant Benz und den fetten Schmalz. Sie standen mitten in der Gruppe. Die andern Offiziere kannte ich nicht aber es waren zwei Obristen dabei. Schmalz zeigte mit dem Daumen nach oben. Man schien von unserer Leistungen angetan zu sein. Im nächsten Bezugsraum gab es Entwarnung wir mussten die Fahrzeuge und uns von radioaktiven Staub säubern. Eigentlich war es lächerlich was mir da machten aber sie wollten es so. Mit Besen und Wasser schruberten wir die Lkws und uns ab. Holgert fuhr den Lkw zurück in die Kaserne. Den nächsten Tag musste die Kompanie auf den Drosselacker, die Herren Offiziere wollten unser verhalten im Gelände begutachten. Es wehte ein richtiger eisiger Wind. Gefreiter Richter meinte ziehen wir uns den Schutzanzug über da bläst der Wind nicht durch. Das war die beste Idee seit der Erfindung der Zigarette. Das ich mal freiwillig in so einen ollen Jumbo steigen würde hätte ich nie gedacht. Meine erfrorenen Glieder tauten wieder auf. Der letzte Teil der Übung bestand aus dem technischen Teil. Nur hatte ich eine falsche Vorstellung von der Technik. Es ging wieder raus auf den Drosselacker. Radwechsel nach Normzeit und ähnliche Spielchen standen auf dem Programm. Als Springer war man sowieso als letzter dran, da konnte man mal zuschauen wie die Anderen sich anstellten. Unter anderem sollten wir volle 100 Liter Fässer von einem Lkw auf den Nächsten räumen. 20 Minuten  bedeuteten die Note eins. Da war ich mal gespannt wie die E`s das Bewerkstelligten. Gefreiter Petrasch fuhr seinen Lkw rückwärts an die Ladefläche des leeren Lkws. Gefreiter Neubert wies ihn ein. Beim leeren Lkw waren alle Bordwände abgeklappt. Beim vollen Lkw klappten sie die rückwärtige Bordwand um und legten diese auf den anderen Lkw. Dann kippten sie die Fässer leicht an und rollten sie wie eine runde Mülltonne auf den anderen Lkw. Sie benötigten 15 Minuten dafür, eine starke Leistung. Ich hatte als Partner Soldat Massi. Dumm stellten wir uns nicht an, 25 Minuten benötigten wir, das war die Note 2. Die letzte Übung war Radwechsel. Man hatte ganz schön zu wuchten. Die riesigen Räder mussten erst einmal bewegt werden. Wie immer als Springer war man der Letzte und als Letzter hatte man die Radmuttern ordentlich anzuziehen. Nur waren die schon richtig abgenutzt. Das Radkreuz rutschte über die Mutter hinweg, wurde hoch geschleudert und landete in meinem Gesicht. Ich schrie vor Schmerz auf, ein Backenzahn flog heraus und ein Eckzahn in der oberen Zahnreihe wackelt bedenklich. Am nächsten Morgen ging ich zum Zahnarzt in den Med – Punkt. Der Zahnarzt war eine Frau Major. Ich wusste gar nicht so recht wie ich sie zu titulieren hatte. Ich sagte einfach Frau Major. Frau Major war zum einfachen Soldaten recht unwillig. Es machte ihr mehr Spaß mit den Offizieren rum zu schäkern. Stunden saß ich im Wartezimmer, um im Anschluss kurz und bündig abgefertigt zu werden. Sie schaute sich das Dilemma kurz an, zog ein paar Splitter vom Backenzahn aus dem Zahnfleisch und meinte der obere Zahn wäre auch nicht mehr zu retten. Irgendwann fällt der von alleine raus. Wenn ich wieder Zivilist wäre könnte ich es dann behandeln lassen. Eine richtig doofe Kuh.
Zwei Tage später bekamen wir unsere Fahrzeugschlüssel feierlich überreicht. Jetzt konnten wir das Teil 2 vom Sturmgepäck im Auto verstauen. Jetzt waren wir richtige Militärkraftfahrer.

Montag, 4. Juli 2011

Weihnachten


Der Dezember ging im Eiltempo auf  die Feiertage zu. Der Stubenälteste war der Meinung vor Weihnachten muss die Stube besonders glänzen. Das hieß für uns am späten Samstagvormittag Betten und Spinde aus dem Zimmer räumen und dann wurde das Linoleum mit Wachsentferner bearbeitet. Was an Dreck und Schmutz nicht ab ging wurde mit der Rasierklinge runtergekratzt. Ein Schweineschund war diese Arbeit. Im Anschluss wurde der Belag neu gebohnert und gekeult bis er richtig glänzte. Zum Schluss räumten wir die Spinde und Betten wieder ins Zimmer. Ich sagte zum Gefreiten Caspar, na Tri Tra Tralla zufrieden. Der meinte, Müller du bist so herrlich frech, da möchte ich doch glatt mal wieder das Kronentor sehen. Also machte ich mich ans Fensterputzen. Mich störte es nicht im Gegenteil, ich war richtig gut drauf und sagte zu ihm, du Tri tra Tralla wenn du ein Teil Bier bezahlst, gehe ich es holen. Gefreiter Caspar sagte, eigentlich müsste ich dir nur in den Arsch treten, aber der Vorschlag ist nicht schlecht. Unter mir schlief im Doppelstockbett der Gefreite Reifke, der meinte Müller da bringst du noch ein zweites Teil mit, das bezahle ich. Andreas und Thomas wollten da mitkommen. Die Vizes kratzen ihr Geld zusammen und so kamen noch einmal zwei Teile hinzu. Ich wusste ja wo die leeren Teile versteckt waren und so zogen wir los. Eine knappe Stunde später waren wir wieder da. Die E´s und die Zwischenschweine waren in dem Fernsehraum verschwunden. Dem ersten Diensthalbjahr war es in unserer Kaserne verboten Fernsehen zu schauen, eines der vielen ungeschriebenen Gesetzte der  EK – Bewegung. Die Offiziere duldeten dies ganz bewusst, denn sie waren ganz genau der Meinung der E`s, Ordnung geht vor Freizeit. Und für die Ordnung war nun mal das erste Diensthalbjahr zuständig. Wenn ich da an das dumme Gerede  von dem fetten Major Schmalz dachte, da wurde einem ganz übel, es gibt keine EK – Bewegung, das ich nicht lache. Also machten wir das Beste aus dem Samstagabend und öffneten erst einmal eine Flasche Bier. Bis die E`s und Zwischenschweine aus dem Fernsehraum kamen hatten wir schon einige Flaschen gelehrt. Die fanden es gar nicht lustig aber was wollten sie machen. 14 Tage vor Weihnachten wurde auch ein Urlaubsplan erstellt. Als erstes mussten wir den E fragen, ob er nichts dagegen hat. Gefreiter Caspar meinte wenn ihr das so regelt, dass immer einer über Weihnachten – Silvester da ist, stört es mich nicht. Andreas wollte unbedingt über Weihnachten, mir war es egal. Thomas und ich einigten uns nach kurzer Diskussion. Ich reichte mein Urlaubsgesuch über Silvester und Thomas seins zwischen den Feiertagen ein. Wir drei hatten Glück uns wurde es genehmigt. Bis auf  Soldat Winkler bekamen alle aus unserem Zimmer über die Feiertage Urlaub bewilligt. Ich sagte zu Winkler, da hasst du als einziger von uns Pech, schade. Er lachte und meinte er hätte gar kein Urlaub eingereicht. Erstaunt sah ich ihn an.  Er sagte das ist für mich wirklich kein Problem, ich habe eine Freundin in Erfurt und werde mich von meiner Freundin in Dresden trennen. In der Zwischenzeit hatten wir mit der Ausbildung zum Militärkraftfahrer begonnen. Abwechselnd hatten wir Theorie und Praxis. Es hieß wer die Prüfungen nicht besteht wird zu den Muckern versetzt. Egal war mir das nicht, wer wollte schon zu den Fußlatschern. Dementsprechend aufgeregt waren wir. Die theoretische Ausbildung übernahmen die Zugführer und Fahrlehrer machten die E’s die eine Pritsche fuhren. Fahrschulausbildung in der Stadt mit den Tankern war verboten. Die Theorie schlauchte ganz schön, aber jeder passte auf, denn bestehen wollten wir sie alle. Eine interessante Abwechslung während der Schule bot das Feld neben der Kaserne. Es war riesig, die E`s hatten erzählt im Sommer bauen sie hier Blumenkohl an. Das wäre eine interessante Nahrungsergänzung. Ich wusste schon was sie damit meinten. Jedenfalls fanden den Blumenkohl auch die Hasen toll und so veranstalteten die Jäger im Winter eine große Jagd mit Hunden. Diese scheuchten die Hasen in ihren Bauen auf und die Jäger brannten ihnen eins auf den Pelz. Wenn sie getroffen wurden, schlugen sie mehrere Purzelbäume und die Hunde schafften stolz die Jagdtrophäe zum Herrchen. Selbst Zapfenludi konnte sich dem Reiz der Jagd nicht entziehen und schaute immer wieder mal zum Fenster raus. Zwei Stunden ging das so, bis zum großen Hahali geblasen wurde. Eine Woche bevor die ersten in den Urlaub durften, war die Theorieprüfung. Bis auf Thomas Kuchta verrasselten alle die Prüfung. Gefreiter Caspar sagte zu Andreas und mir, ich habe die Antwortschablonen da, wenn ihr sie haben wollt, lasst Euch was einfallen. Wie wäre es denn mit zwei Teilen Bier, fragte ich, Caspar nickte. Die nächste Prüfung bestanden wir. Die praktische Fahrschule war viel interessanter, was da so für ein Mist verbockt wurde, es war unglaublich. Ich fuhr einmal über die Ampel als sie gerade auf rot schaltete, Gefreiter Reifke kippte vor entsetzen bald aus den Latschen. Er meinte du passt genau zu dem Tatra den du einmal übernehmen sollst. Ich fragte was ist mit dem? Dein Vorgänger ist mit dem einmal über seine Kalaschnikow gefahren, der Lauf musste gewechselt werden und zur Krönung des Ganzen, hatte er mit dem Hänger eine Telefonzelle weg rasiert und dass brisante war, es stand noch einer in der Zelle. Ich musste lachen und wollte wissen, was noch so alles während seiner Dienstzeit passiert war. Einmal sagte er, war bei einer Fahrübung der 2. Kompanie ein Sattelzug am Schmittstädter Knoten umgekippt, genau über dem Fußgängertunnel. Die ganze Panzermunition ist in den Tunnel gefallen. Wie durch ein Wunder ist nichts passiert. Jedenfalls musste ich für das Überfahren der Ampel bei Rot am Abend Fenster putzen. Das Überfahren bei Rot war noch eines der harmloseren Vorkommnisse. Uffz. Kippenhahn war ebenfalls Fahrausbilder. Er lotste seinen Lkw samt Fahrschüler und Hänger in eine ganz schmale Sackgasse, wenden war unmöglich. So fuhr er mit dem Lkw quer über den Erfurter Anger der Fußgängerpassage. Am nächsten Tag wollte er mit dem Lkw einen Bahnübergang queren. Vorschriftsmäßig hielt der Fahrschüler vor der Schranke. Beim Anfahren verreckte der Motor, er sprang nicht sofort an. In zwischen näherte sich ein Zug, die Schranken gingen nach unten, genau zwischen Fahrzeug und Hänger. Voller entsetzten Sprangen der Fahrschüler und Uffz. Kippenhahn aus dem Fahrzeug. Das Glück war ihnen holt, der Zug kam von der anderen Seite. Am nächsten Tag sollten die ersten über Weihnachten nach Hause fahren. Die Urlaubsvorbereitungen liefen auf Hochtouren, Bügeln, Schuhe putzen, Knöpfe an Hemd, Jacke, Hose überprüfen und den Spind auf Vordermann bringen. Die abendlichen Stubenkontrollen gab es schon lange nicht mehr. Die E`s hätten die Uffze. in den Hintern getreten. Aber vor dem Urlaub kam wenn man Pech hatte, der Major persönlich kontrollieren.  Wie sollte es anders sein, am Tag des Urlaubs  machte der Major wirklich Stress. Er kannte den wunden Punkt eines Soldaten der in den Urlaub wollte.Voller Bosheit und Tücke  ließ er sich unendlich viel Zeit. Am 23.12.1979, 18.00 Uhr nach Dienstschluss hätte der erste Teil in den Urlaub verschwinden können und sie hätten den Zug 18.45 Uhr nach Leipzig bekommen. Mit seiner Kontrolle sorgte er dafür, dass die ersten gegen 19.00 Uhr aus der Kaserne kamen. Der nächste Zug fuhr gegen halb neun. Er belehrte uns, das für die dritte Kompanie alle internationalen Züge verboten sind. Das wäre in jedem Urlaubsschein nachzulesen. Vize Winkler meinte, da hält sich sowieso keiner daran, das ist nur Schikane vom Major. Auf dem Zimmer wurde es ruhiger, drei Mann waren im Urlaub. Weihnachten, es wurde für die Soldaten auf der Kompanie eine kleine Weihnachtsfeier veranstaltet. Zapfenludi war für die Feier verantwortlich, die  E`s gestatteten über die Feiertage das Fernsehschauen. Die Feierlichkeiten fanden sowieso im Fernsehraum statt. Los ging es mit dem Kaffeetrinken. Wir sangen stille Nacht, heilige Nacht mir wurde ganz feierlich zumute und bekam einen dicken Klos im Hals. Ich musste an Conny denken, wie sie so ihr Weihnachten verbringen würde. Ich versuchte eigentlich immer zwei bis drei Briefe in der Woche an sie zu schreiben, wenn es denn die Zeit zuließ. Ich schüttelte die sentimentale Stimmung ab und hielt mich an den Stollen. Der Thüringer war ein furchtbares Zeug, der war so etwas von trocken. Gerade wir Dresdner hatten von unseren Verwanden den echten Dresdner Christstollen geschickt bekommen. Ganze drei Stück hatte ich im Spind liegen. So hatten wir wenigstens was zu schimpfen und zu meckern und man musste nicht an zu Hause denken. Im Vorfeld der Feiertage hatten wir uns reichlich mit Bier eingedeckt. Wir versteckten es in den Spinden der Kameraden die im Urlaub waren. Diese durften selbst die Offiziere nicht so ohne weiteres kontrollieren. Da musste schon konkret etwas vorgefallen sein. Jedenfalls ließen wir Weihnachten ganz gemütlich bei einem Bier ausklingen. Die Feiertage verliefen ruhig, ich hörte viel Radio. Das war auch so eine Sache. Wenn jemand sein Kofferradio mitbringen wollte musste er das beim Kompaniechef beantragen und es durfte nicht mit Batterie betrieben werden. Auf dem Radio mussten die DDR Sender gekennzeichnet werden, die Sender aus dem Westteil Deutschlands zu hören war uns verboten. Aber daran hielt sich sowieso keiner. In Erfurt konnten wir die Sender ja auf Ukw empfangen, was in Dresden nicht möglich war. Erwischte ein Offizier einen beim Westradiohören konnte er das Radio einziehen. Verboten waren kleine Kofferradios, die man in der Hosentasche hätte verschwinden lassen können. Wir bezeichneten diese als Wachradios. Wache stehen war stumpfsinnig. Um sich die Zeit zu vertreiben hörten die Soldaten heimlich Radio mittels dieser kleinen Empfänger. Am 27. 12. spät nachts kam Andreas wieder aus dem Urlaub. Am nächsten Morgen wirkte er angeschlagen. Ich fragte ihn, was los ist. Nichts meinte er verknatzt. Am Vormittag kam er dann raus mit der Sprache, seine Freundin machte ihm Sorgen. Sie wüsste nicht ob sie es schafft die 1 ½ Jahre auf ihn zu warten. Das war ein schwieriges Thema, viele Beziehungen gingen während der Armeezeit kaputt. Ich versuchte ihm Mut zu machen. Andreas beruhigte sich so schnell nicht. Ich weis nicht was ich mache wenn sie mich im Stich lässt, vielleicht jage ich mir eine Kugel in den Kopf. Ich erschrak und sagte zu ihm, das ist keine Frau der Welt wert dass man sein Leben für so etwas opfert. Du lebst nur einmal. Er wollte mit mir darüber reden. Darüber gab es nichts zu reden, das war einfach so und das machte ich ihm klar. Langsam beruhigte er sich wieder. Am Nachmittag machte Thomas sich fertig für den Urlaub. Die Freude spiegelte sich in seinem Gesicht wider. Wir hatten zwischen Weihnachten und Neujahr noch Fahrübungen zu absolvieren. Gefreiter Reifke meinte er müsse unbedingt noch Schnaps für Silvester kaufen, da wollten die E`s gewaltig einen drauf machen und das nach Hause gehen üben. Ich musste lachen und fragte ihn, was das werden soll. Er meinte Mitternacht gehen die E`s auf den Hof und ziehen um den Exerzierplatz und singen angemessene Lieder, natürlich nur wer noch singen und laufen kann. Bloß gut dass ich da im Urlaub war, das roch auf alle Fälle nach Sackgang. Am 30. 12. wurde die Feuerwache verstärkt. Sie hatten jetzt nach Dienstschluss aller zwei Stunden den Fahrzeugpark zu kontrollieren. Das machte Sinn, denn schließlich standen da 30 Tanker zu je 22000 Litern Sprit, 30 Pritschen, geladen mit Schmier und Treibstoffen, sowie 60 Sattelschlepper mit Panzermunition. Wenn da was passierte flog halb Erfurt in die Luft. Eigentlich war es Wahnsinn so etwas in einer Großstadt zu stationieren. Wenn das die Erfurter wüssten. Dann war es so weit 31.12.1979 mein erster Urlaub. Nach Dienstschluss durften wir in den Urlaub. Dienstschluss war ab 12.00 Uhr Mittag. Silvester zählte nur als halber Arbeitstag. Endlich, endlich war es soweit. Mit mir im Abteil fuhren Scholz Frank, Steiger Andreas und Meißner Jens von den Tankerfahrern. Den weitesten Weg nach Hause hatte Frank, er musste fast bis nach Görlitz an der polnischen Grenze. Er kam aus dem kleinen Ort Klitten. 16.00 Uhr stand ich auf dem Dresdner Hauptbahnhof, Conny wartete bei Vater, es waren nur wenige Meter bis nach Hause.