Dienstag, 25. Oktober 2011

Das letzte viertel Jahr

Der Februar hatte begonnen, noch drei Monate Asche. Dann war es geschafft. Es kamen am Monatsanfang noch einmal ein Schwung Resioffiziere. Diesmal waren Kfz – Ingenieure dabei die Ahnung hatten von der Technik und zwei von denen hatten auch Lust etwas zu bewegen. Einer von ihnen wurde Patschen zugeteilt und war ebenfalls ein Oberleutnant. Ich hatte einen ganz guten Draht zu ihm. Nachdem er sich mit der Fahrzeugtechnik vertraut gemacht hatte, sagte er zu mir, Mensch Müller, wenn ich euch mal draußen rum fahren sehe, mache ich einen großen Bogen um euere Fahrzeuge. Na so schlimm sieht es doch gar nicht aus, meinte ich zu ihm. Sie müssen das Mal von einer anderen Seite betrachten. Von unserem Diensthalbjahr hat nicht einer mit der Kfz – Technik im zivilen  Leben zu schaffen und mich zum Beispiel interessieren diese Fahrzeuge überhaupt nicht. Wir sind auch nicht freiwillig hier, genauso wenig wie sie. Was soll da schon weiter werden. Solange der Ami  noch keine Kaugummis vor der Kaserne verkauft und wir noch in der Kaserne sind, weil die Fahrzeuge nicht vom Hof rollen, ist das in Ordnung. Er musste lachen.
Das es vielen Berufsoffizieren der höheren Chargen nicht zum lachen war merkten wir immer deutlicher. Die Ungewissheit was mit Polen wird war groß. Es wurden wieder normale Resis gezogen. Wir sahen die Truppe um den Gefreiten Budig wieder. Das hatten sie sich in ihren schlimmsten Träumen nicht vorgestellt, wieder bei der Armee zu landen. Diesmal wurden sie nicht aufgeteilt und lagen in separaten Zimmern. Man hatte sie von zu Hause direkt vorm Fernseher weg geholt. Sie waren alle stinke sauer. Ich konnte sie verstehen. Vor allem gammelten sie nur rum, keiner konnte mit ihnen etwas anfangen. Sie erhielten die neuen Watte Kombis. Die waren im Ein Strich - Kein Strich Look gehalten. Ich hatte schon von den neuen Winterkombis gehört, jetzt sah ich sie das erste Mal.  Nach 14 Tagen wurden die Resis wieder entlassen. Lachend sagte ich zu Budig, vielleicht sehen wir uns hier noch einmal wieder. Er zeigte mir einen Vogel. Mein letzter Urlaub stand auch noch an. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust nach Hause zu fahren, denn mir graute schon vor dem Rückweg. Mit der Zeit drückte die Trennung gewaltig auf das Gemüt, zumindest bei mir. Dass ich da mal so empfindlich wurde hätte ich nicht gedacht. Ich sagte mir immer wieder, es ist das letzte Mal. Dann sieht dich dieser Scheißverein nie wieder. Während des Urlaubes ließ ich mich auf Arbeit sehen. Man sagte mir, dass ich in Dohna anfangen werde. Die neue Drehbank würde schon auf mich warten. Conny ging es immer besser, sie war richtig gut drauf. Thomas war auch nicht mehr ganz so stressig, er entwickelte sich recht ordentlich. Auch bei Roland gab es Neues zu vermelden. Da sie ihn weiterhin noch nicht für die Armee vorgesehen hatten, wechselte er seine Arbeitsstelle. Bei Taxi auf der Tharandter Straße hatte er als Brigadier in der Kfz – Werkstatt angefangen. Er meinte es wird Zeit das du wieder nach Hause kommst, es steht einiges an. Roland freute sich schon auf den Männertag. Im letzten Jahr waren sie mit dem Dampfer elbaufwärts bis Rathen gefahren und hatten gewaltig einen drauf gemacht. Den Schaufelraddampfer hatten sie aufgeschaukelt, in dem die rund 200 Männer an Bord von einer Seite auf die Andere gerannt waren und immer wieder von vorne.  Der Kapitän hatte getobt, wenn nicht sofort Schluss ist damit, legt er an der nächsten Anlegestelle an und dann ist endgültig Feierabend. Dieses Jahr wollten sie auf das Grundstück von Manne wandern und dann feiern. Manne hatte sich mit einem Kumpel aus seiner Klicke ein Grundstück in Ottendorf am Rande der Sächsischen Schweiz gekauft. Er Kumpel hieß Ralf.  Da dieses Grundstück der Kirche gehörte ging das nur über einen Erbpachtvertrag. Das Haus war schon viele hundert Jahre alt. Beide hatten sich vorgenommen dieses Haus wieder originalgetreu herzurichten. Ralf war von Beruf Restaurator, Manne war Bauingenieur. Da war beides zusammen, Kompetenz und Beziehung. Eine gute Voraussetzung dass es gelingen könnte. Aber bis dahin war es noch ein Stückchen. Ich musste erst einmal wieder nach Erfurt. Mit langer Nase und Arno ging es zurück. Im Bataillon war man auf den Dreh gekommen den Spritverbrauch zu optimieren. Sollten sie nur machen, mir war es Wurst. Die Kfz – Ingenieure brachten das notwendige Wissen mit. Zuerst überprüfte man die Sattelschlepper. Selber konnte man gar nicht allzu viel helfen, da wir zwischenrein immer wieder Wache schoben. Eines Tages standen die Tankerfahrer vom dritten Diensthalbjahr wieder Wache. Mich hatten sie diesmal verschont, Roos persönlich hatte befohlen ich sollte angerostete Dieselleitungen an den Tankern wechseln. Bestimmt musste ich dies machen, weil die Leitungen an meinem Tanker am schlimmsten aussahen. Es war Samstag und hatte gerade meine Arbeit beendet. Da ich der Letzte von uns im Fahrzeugpark war ging ich zum UvD, um Bescheid zu geben, dass der Fahrzeugpark wieder verschlossen werden kann, als gerade der OvD des Weges kam. Er war aufgeregt und sagte zum UvD, dem Hauptmann Pemsel seine Ex - Frau hat gerade angerufen. Der hat im Suff die ganze Wohnungseinrichtung kurz und klein geschlagen und ist jetzt auf dem Weg in die Kaserne. Ich lasse ihn sofort festsetzen und dann wird er im Dienstzimmer von Major Roos arretiert. Ein Posten wird davorgestellt. Sollte er versuchen auszubrechen ist sofort ohne Warnung zu schießen. Sind sie sich da sicher fragte der UvD, der OvD nickte. Es war schon verrückt. Sie stellten als ersten Posten Meise davor. Er meinte hoffentlich macht Pemsel keine Scheiße, ich habe wahrlich keine Lust auf den zu schießen. Wer hat das schon meinte ich, außer vielleicht, ich sprach es nicht aus und grinste. Meise guckte mich an, er hatte es verstanden. Pemsel holten die Kettenhunde des Nachts ab. Was mit ihm geworden ist, keiner hat etwas erfahren.
Roos hatte mal wieder Nachtschießen angesetzt. Am späten Abend 22.00 Uhr sollte es losgehen. Schon zum Morgenappell tönte er, wenn die E`s denken Fahrkarten schießen zu müssen, bleiben die solange draußen, bis ein vertretbares Ergebnis vorliegt. Die Temperaturen am Tag waren um die 5 Grad Celsius, es war Nasskalt und Tauwetter hatte eingesetzt. Roos hatte aus meiner Sicht Glück mit dem Wetter, da hatte keiner Lust länger als notwendig auf dem Schießplatz zu bleiben. Denn traditionell wurde das letzte Schießen zum Fahrkartenschießen genutzt. Zum Leidwesen der Offiziere. Als wir auf die Lkws stiegen fing es an zu regnen. Um auf den Schießplatz zu kommen musste ein Bach gequert werden. Das Schmelzwasser hatte ihn gewaltig ansteigen lassen. Roos teilte zwei Wachposten an kritischen Punkten ein. Wenn sie den Posten bezogen hatten und keine Gefahr in Verzug war, sollten sie eine Leuchtrakete grün steigen lassen, bei Gefahr rot. Der lange Müller und Soldat Rose zogen los. Rose war Vize und unser neuer Kradmelder. Nach einer halben Stunde schoss Rose die Grüne Leuchtrakete ab und Müller die Rote. Zapfenludi  musste nachschauen was beim Langen los war. Nach einer Dreiviertelstunde war er zurück. Der Lange hatte die Raketen verwechselt. Peinlich für einen Ek. Als ich mit schießen dran war schnappte ich mir die Kaschi vom Springschilling. Diesmal motzte er nicht mehr rum. Gleich mit der ersten Salve traf ich die Zielbeleuchtung. Die Leuchtlampe musste gewechselt werden. Das dauerte wieder eine knappe halbe Stunde. Das passierte drei Mal bei diesem Schießen. Meise und Mario schossen Fahrkarten. Besonders bei Mario war Roos sauer, denn er hatte eine Affenschaukel. Früh gegen 5.00 Uhr war das Schiessen beendet. Die Kaserne erreichten wir in etwa 7.00 Uhr und schlafen durften wir bis 11.00 Uhr. Im Anschluss war Waffenreinigen angesagt. Resioffizier Oberleutnant Herde, Patschens Stellvertreter, beaufsichtigte das Putzen. Lustlos schob ich den Laufreiniger dreimal durch den Lauf, schaute durch, alles sauber. Wo sollte der Dreck denn auch herkommen. Ich hatte ja mit Springschillings Kaschi geschossen und verkrümelte mich aufs Zimmer. Ein gründliches Waffenputzen dauerte wenigstens eine Stunde. Als es ans kontrollieren ging war ich bei den Ersten. Der Oberleutnant schaute in den Lauf, danach mich an. Müller willst du mich verarschen? Nö meinte, ich warum? Er hielt mir den Lauf unter die Nase, ich schaute durch. Ein erstauntes Och, entschlüpfte meinen Mund. Ein großer Dreckklumpen lag im Lauf. Ich fragte mich ernsthaft wo der herkam. Das konnte ja normalerweise nicht sein. Aber was war bei der Asche schon normal? Ich nuschelte eine Entschuldigung und sah zu dass der Klumpen aus dem Lauf verschwand.
Am 7. März war wieder Tag der NVA. Genau wie das letzte Mal mussten die Fahrzeuge wieder auf Vordermann gebracht werden. Patschen delegierte die Sache an Herde weiter.
Ich stand wieder Wache, diesmal mit Soldat Rose auf Posten eins.
Mario hatte insgeheim gehofft doch noch zum Gefreiten befördert zu werden. Er wurde enttäuscht. Ich lachte ihn aus.




1 Kommentar:

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