Dienstag, 5. Juli 2011

Militärkraftfahrer

Was soll ich über den Urlaub sagen, er war auf alle Fälle zu kurz. Connys Bauch war gar nicht so rund wie ich es gedacht hatte. Von hinten geschaut viel es gar nicht auf das sie schwanger war. Wir schmiedeten Hochzeitspläne. Auf alle Fälle wollte ich nicht in Uniform heiraten. Auch wenn die Armee lockte, wer sich entschloss in Uniform zu heiraten den bezahlten sie die Feierlichkeiten. Obendrein so hieß es wurde man in einen besseren Zwirn gesteckt. Mir war`s egal, ich wollte nicht. Vater meinte mach dir keine Sorgen, die Hochzeit bezahle ich. Conny sagte, ihre Mutter will auch ihren Teil zugeben. Vater verzog das Gesicht, er konnte meine zukünftige Schwiegermutter noch weniger leiden wie ich. Den Grund den Vater anführen konnte, sie war eine einfache und in seinen Augen ungebildete Frau. Conny wollte im September heiraten. Das Aufgebot beim Standesamt musste sie bestellen. Silvester feierte wir mit Rücksicht auf Connys Zustand zu Hause. Wir gingen kurz nach Mitternacht in die Heia, und im Bett  war es mit ihr immer noch nett. Logisch das ich mich mit Roland und Hüni traf und wir die Mitropa unsicher machten. Sie boten Conny ihre Unterstützung an, wenn sie Wege zu erledigen hätten. Roland erzählte im Frühjahr hat sein Vater eine Kur in Bad Langensalza verschrieben bekommen, da werden sie mich auf dem Hin oder Rückweg einmal besuchen kommen. Der Urlaub war schnell um, ich musste wieder zurück. Im Vorfeld hatten wir uns ausgemacht, den Zug Warschau - Paris zu nutzen, obwohl er für uns verboten war. Aber er fuhr gegen Mitternacht und war reichlich drei Stunden später in Erfurt. Früh 06.00 mussten wir zum Dienstantritt zurück sein. Ich entschloss mich in Zivil zurück zufahren. Das war streng verboten, wer erwischt wurde konnte wenigstens mit Ausgangssperre rechnen. Aber es hatte den Vorteil, sollte Militärstreife auf dem Bahnhof sein, und  das kam oft vor, durften sie einen nicht kontrollieren. Für mich war das Ausschlag gebend. Denn auf dem Urlaubsschein stand, dass der Zug für uns tabu war. Erwischte einen die Militärpolizei im Zug, nahmen sie einen fest und man hatte ein echtes Problem an der Backe.
Unsere Zivilklamotten die wir am Tag der Einberufung anhatten mussten wir in der ersten Woche nach Hause schicken. Ich schnappte mir meine Levis, zog ein frisches Hemd aus dem Schrank, schmiss mir den Anorak über und los ging es. Der Zug Warschau Paris fuhr vom Neustädter Bahnhof, also fuhr ich mit der S – Bahn über die Elbe und stieg dann um. Ich lief durch den Zug bis ich Chalerie fand. Er war in Görlitz eingestiegen. Ihm klappte der Kiefer runter als er mich in Zivil sah. Bist du verrückt meinte er, wie willst du denn in die Kaserne kommen. Lass das mal meine Sorge sein, meinte ich lachend. Und selbst wenn du es schaffst dann machen die E`s dich zur Schnecke. Ich meinte nur wir werden sehen. Die gleichen Befürchtungen äußerten Andreas und Heini. Jens war mit einem normalen D - Zug gefahren, das mit der Militärstreife war ihm nicht geheuer. Ich sagte zu meinen Kameraden, ich muss die Bedenken nicht haben. Chaleri meinte ist doch auch egal, weit und breit ist keine zu sehen und er wäre auch schon durch den Zug gelaufen, nichts meinte er. Ich will ja keine Panik machen, wir halten in Riesa, Leipzig und Weimar, da können die Kettenhunde immer noch zusteigen. Nach dem Disput wanden wir uns den hochgeistigen Getränken zu und machten es uns gemütlich. Kurz hinter Riesa schlief Chalerie ein, ich beneidete ihn er konnte überall schlafen, dass musste ich mir noch antrainieren. Militärpolizei stieg keine zu. Kurz hinter Weimar ging ich auf die Zugtoilette und zog mich um. Die Zivilsachen verstaute ich ganz unten in meiner Tasche. Den Alkohol brauchte ich nicht mehr verstecken, keine Uffz. getraute sich mehr einen nach Alkohol zu kontrollieren, die E`s hätten ihn rund gemacht und einen Offizier früh um 3.00 Uhr in der Kaserne anzutreffen war unwahrscheinlich. Die Wache im Objekt machte keinen Ärger, warum auch, wir bewachten unser Objekt ja selber. Der UvD auf unsere Kompanie freute sich uns wieder zu sehen und meinte ihr seid die Letzten, jetzt hat die Kompanie wieder volle Gefechtsstärke. Am nächsten Tag wurde der Weihnachtsurlaub ausgewertet. Aus unserer Kompanie waren alle pünktlich zurück gekommen. Wir waren die einzige Kompanie bei der es keine Probleme gab. Der Major war es zufrieden. Schnell hatte uns der Alltagstrott wieder. Nach einer Woche sprach ich mit dem Gefreiten Caspar über meine Zivilsachen. Ich erklärte ihm den Hintergrund. Das hat auch keiner von der Kompanie gesehen behauptete ich. Aber was passiert bei einer Spindkontrolle wenn sie meine Sachen finden. Die anderen E`s werden sagen der Caspar hat seinen Laden nicht im Griff. Gefreiter Caspar schaut e mich an und meinte Müller du bist ein Arschloch, du hast absolute Höhe, darüber ist noch zu reden. Aber du hast auch recht ich verstecke deine Sachen, so das sie niemand findet am besten lege ich sie zu den Meinen. Caspar hatte die Sachen in seiner Bastelkiste verstaut und den Schlüssel dazu hatte nur er. Die nächsten vier Wochen musste ich die Fenster putzen, dabei grinste ich genüsslich in mich rein. Ab pro po Bastelkiste, die meisten vom zweiten und dritten Diensthalbjahr hatten welche, die hatten ja auch genug Freizeit zum Basteln, was wir vom ersten Diensthalbjahr natürlich nicht hatten. Aber ich   muss neidlos anerkennen, es entstanden neben den berühmt berüchtigten Wäscheklammerbierkrügen wunderschöne Sachen. Es waren ja auch Erzgebirgler in der Truppe, die seid frühster Kindheit mit dem Pyramidenbau aufgewachsen waren. Der Einfallsreichtum beim Basteln war unerschöpflich. Die meisten Arbeiten wurden aus Speerholz gefertigt. Am schönsten fand ich die Lampen die aus diesem Material gefertigt wurden. Aber damit konnte ich mich vielleicht später einmal beschäftigen, jetzt hatte ich andere Sorgen.
Das Wetter war im Januar nasskalt, mal regnete es mal schneite es. Der Major setzte für das erste Diensthalbjahr eine Sonderausbildung auf dem Drosselacker an. Zwei Tage dauerte der Schund, wir übten vom Schützenlochgraben bis Sturmangriff mit aufgesetztem Bajonett alles. Diesmal war auch Ausbildung im Kartenlesen dabei. Uffz. Remus fragte großspurig in die Runde, na kann mir einer die Karte erklären? Ich tat es. Auf dem Übungsplatz war auch eine Kompanie Panzermänner, die gedrillt wurden. Ihr Anblick trieb mir ein lächeln ins Gesicht, im Durchschnitt waren sie alle einen halben Kopf kleiner wie wir. Der Major kam auf die Idee das Überrollt werden, von Panzern zu üben. Er jagte uns in die Schützengräben. Wir hörten wie die Panzer angelassen wurden. Der ohrenbetäubende Lärm kam immer näher. Ich wurde unruhig, obwohl ich wusste, wenn du den Kopf schön unten lässt kann nichts passieren. Neben mir im Graben lag der lange Müller von den Tankerfahrern. Auch er wurde unruhig aber er machte den Fehler zu gucken wo die Panzer waren. Ich schaute in sein Gesicht. Die blanke Panik war da zu erkennen. Schnell packte ich ihn an der Wattekombi und zog ihn nach unten. Kurz darauf rasselten die Panzer über uns hinweg. Ein Haufen Dreck prasselte auf uns hernieder. Als es vorbei war mussten wir beide über unsere Angst lachen. Am nächsten Tag war für die gesamte Kompanie eine Fahrübung angesetzt. Es hieß das würde die dreitägige Übung für die Qualispange werden. Nach dem Frühstück rückte die Kompanie aus. Die Fahrzeuge die ausrückten wurden mit drei Mann besetzt. Wir fuhren in den Bezugsraum nach Mönchenholzhausen, ein kleines Dorf bei Erfurt. Ich kam auf das Fahrzeug von Gefreiten Neubert, das war beruhigend der hatte Ahnung. Im zivilen Leben war er Berufskraftfahrer, irgendwie war er mit dem Auto verwachsen. Sogar der Major hörte sich ab und an mal seine Meinung zu fachlichen Dingen an. Meistens saßen auf den Böcken von jedem Diensthalbjahr einer. Das machte Sinn, so wurden die Erfahrungen am Besten weitervermittelt. Neubert meinte zu mir, wenn wir im Sammelraum angelangt sind zählst du zehn Schritte zu dem voraus fahrendem Fahrzeug ab und markierst die Stelle. Der Major kontrolliert den Abstand ziemlich genau. Kaum waren wir im Bezugsraum angelangt tobte der Major an der Kolonne herunter und rüffelte jeden an, der seiner Meinung nach nicht an der richtigen Stelle stand. In seiner charmanten Art brüllte er die Gefreiten an, Ek, Ek schreien aber nichts auf der Pfanne haben. Aber selbst mir als Frischling ging das Geschrei mittlerweile schon am Arsch vorbei. Danach hieß es Fahrzeuge abtarnen. Neubert erklärte mir, 90 Prozent der Fahrzeuge sind mit den neuen russischen Tarnnetzen versehen, die sind sehr schwer aber die Fahrzeuge sind mit Radar nicht mehr ortbar. Es ist ganz wichtig das die Netze wieder richtig zusammengelegt werden, das macht die Arbeit beim nächsten Mal leichter, also aufpassen Müller. Er jagte mich auf den Lkw und meinte wirf als erstes das Netz für den Hänger runter. Ich musste schon ganz schön die Arschbacken zusammenkneifen beim herunterwuchten des Netzes. Vize Holgert, der mit auf dem Auto fuhr, meinte das braucht ihr Springer. Neubert sagte lass ihn jetzt in Ruhe, er macht ja seine Arbeit, rumblödeln könnt ihr hinterher. Roll jetzt das andere Netz nach hinten aus und pass auf das du nicht herunter fällst. Vorsichtig kletterte ich über die Pritsche und sah zu das ich auf die Spriegel trat um nicht durch die Plane zu brechen. Inzwischen kletterten Neubert und Holgert auf den Lkw und zogen das andere Ende der Plane über das Führerhaus. Im Anschluss klappten wir das Tarnnetz aus um es leztendlich mit Zeltstangen abzustützen. Dann machten wir uns über den Hänger her. Neubert meinte, ich erklär dir wie du das Netz auch alleine auf den Hänger wuchtest, wenn du mal ohne Beifahrer unterwegs bist, weist du wie es geht. Zuerst legte ich das Netz auf die Deichsel und kletterte dann hinterher um mich breitbeinig auf diese zu stellen. In einem Zug hob ich das Netz nach oben, wobei ich die letzten Zentimeter ganz schön nachdrücken musste. Gemeinsam rollten wir es aus und brachten die Zeltstangen an. Nachdem wir angetreten waren erklärte der Major den Sinn und Zweck der dreitägigen Übung. Tatsache es ging um die Qualispange.Die Fahrübung wurde gleichzeitig als unsere Abschlussprüfung bewertet. Da hing eine Menge Geld für den Soldaten dran. Je nach Qualispange und Diensthalbjahr waren es 80, 100 oder 120 Mark. Das entsprach einem Monatssold. Wir vom ersten Diensthalbjahr konnten die Quali III erwerben. Diese Auszeichnung wollte sich keiner entgehen lassen. Dementsprechend hoch waren die Anforderungen an die Fahrkünste und an die Technikausbildung. Roos erklärte weiter, nach dem abtarnen wird das erste Diensthalbjahr fahren bis in den nächsten Bezugsraum. Um den Abstand zwischen den Fahrzeugen gleich zu halten, wird auf der Landstraße mit Durchschnittlich 30 km/h gefahren und auf der Autobahn bei 50 km/h. Besonders Rücksicht sei auf die Kradmelder zu nehmen, die die Verbindung zwischen der Kolonne und mir halten. Alle sollten noch einmal ihre Klarsichtscheiben der Schutzmaske überprüfen, was ich auch umgehend tat, ich wechselte sie. Schon brüllten die Offiziere Atomschlag Schutzausrüstung anlegen. Sie stoppten die Zeit und schienen zufrieden zu sein. Im Anschluss mussten wir die Fahrzeuge enttarnen. Sorgsam legten und rollten wir die Tarnnetze zusammen und ab ging die Post. Der Major gab das Zeichen, die Uffze. schwenken ihre Fahne und los ging es. Wir fuhren auf die Autobahn Richtung Erfurt West und verließen sie dort wieder. Die Kradmelder sperrten an den Kreuzungen die Straßen. Wir fuhren wie an einer Perlenkette aufgefädelt. Auf einmal sah ich am Straßenrand eine Gruppe Offiziere stehen, ich erkannte unter ihnen den Batailloner Oberstleutnant Benz und den fetten Schmalz. Sie standen mitten in der Gruppe. Die andern Offiziere kannte ich nicht aber es waren zwei Obristen dabei. Schmalz zeigte mit dem Daumen nach oben. Man schien von unserer Leistungen angetan zu sein. Im nächsten Bezugsraum gab es Entwarnung wir mussten die Fahrzeuge und uns von radioaktiven Staub säubern. Eigentlich war es lächerlich was mir da machten aber sie wollten es so. Mit Besen und Wasser schruberten wir die Lkws und uns ab. Holgert fuhr den Lkw zurück in die Kaserne. Den nächsten Tag musste die Kompanie auf den Drosselacker, die Herren Offiziere wollten unser verhalten im Gelände begutachten. Es wehte ein richtiger eisiger Wind. Gefreiter Richter meinte ziehen wir uns den Schutzanzug über da bläst der Wind nicht durch. Das war die beste Idee seit der Erfindung der Zigarette. Das ich mal freiwillig in so einen ollen Jumbo steigen würde hätte ich nie gedacht. Meine erfrorenen Glieder tauten wieder auf. Der letzte Teil der Übung bestand aus dem technischen Teil. Nur hatte ich eine falsche Vorstellung von der Technik. Es ging wieder raus auf den Drosselacker. Radwechsel nach Normzeit und ähnliche Spielchen standen auf dem Programm. Als Springer war man sowieso als letzter dran, da konnte man mal zuschauen wie die Anderen sich anstellten. Unter anderem sollten wir volle 100 Liter Fässer von einem Lkw auf den Nächsten räumen. 20 Minuten  bedeuteten die Note eins. Da war ich mal gespannt wie die E`s das Bewerkstelligten. Gefreiter Petrasch fuhr seinen Lkw rückwärts an die Ladefläche des leeren Lkws. Gefreiter Neubert wies ihn ein. Beim leeren Lkw waren alle Bordwände abgeklappt. Beim vollen Lkw klappten sie die rückwärtige Bordwand um und legten diese auf den anderen Lkw. Dann kippten sie die Fässer leicht an und rollten sie wie eine runde Mülltonne auf den anderen Lkw. Sie benötigten 15 Minuten dafür, eine starke Leistung. Ich hatte als Partner Soldat Massi. Dumm stellten wir uns nicht an, 25 Minuten benötigten wir, das war die Note 2. Die letzte Übung war Radwechsel. Man hatte ganz schön zu wuchten. Die riesigen Räder mussten erst einmal bewegt werden. Wie immer als Springer war man der Letzte und als Letzter hatte man die Radmuttern ordentlich anzuziehen. Nur waren die schon richtig abgenutzt. Das Radkreuz rutschte über die Mutter hinweg, wurde hoch geschleudert und landete in meinem Gesicht. Ich schrie vor Schmerz auf, ein Backenzahn flog heraus und ein Eckzahn in der oberen Zahnreihe wackelt bedenklich. Am nächsten Morgen ging ich zum Zahnarzt in den Med – Punkt. Der Zahnarzt war eine Frau Major. Ich wusste gar nicht so recht wie ich sie zu titulieren hatte. Ich sagte einfach Frau Major. Frau Major war zum einfachen Soldaten recht unwillig. Es machte ihr mehr Spaß mit den Offizieren rum zu schäkern. Stunden saß ich im Wartezimmer, um im Anschluss kurz und bündig abgefertigt zu werden. Sie schaute sich das Dilemma kurz an, zog ein paar Splitter vom Backenzahn aus dem Zahnfleisch und meinte der obere Zahn wäre auch nicht mehr zu retten. Irgendwann fällt der von alleine raus. Wenn ich wieder Zivilist wäre könnte ich es dann behandeln lassen. Eine richtig doofe Kuh.
Zwei Tage später bekamen wir unsere Fahrzeugschlüssel feierlich überreicht. Jetzt konnten wir das Teil 2 vom Sturmgepäck im Auto verstauen. Jetzt waren wir richtige Militärkraftfahrer.

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