Mittwoch, 23. März 2011

Die Vereidigung



Die nächsten Tage brachten den Jungs eine harte Ausbildung. Mir blieb das durchs Penndorfs Blödheit erspart. Ich war noch immer Innendienstkrank geschrieben. Die Blutblase am rechten Fus hatte sich entzündet. Uffz. Werner scheuchte und schliff seine Rekruten auf dem Drosselacker. Der Drosselberg war einer der Berge, die die Silhouette von Erfurt bildeten. Auf diesem befand sich ein kleiner Schieß und Ausbildungsplatz, genannt der Drosselacker. Meistens mussten die Jungs die 10 km dahin in voller Montur marschieren und selbstverständlich auch wieder zurück. Auf dem Drosselacker übten sie den Sturmangriff, Schützenlöcher bzw. Gräben schaufeln. Wie man eroberte Schützengräben von Verletzten „säubert“, wie man effektiv mit dem Seitengewehr tötet und noch viele andere „nette und interessante“ Sachen. Uffz. Werner war in seinem Element. Auf dem Nachhausweg hatte er immer eine Spezialübung auf Lager. Beliebt waren bei ihm Sachen, wie Laufschritt mit Gasmaske auf dem öffentlichen Terrain. Eines Tages übertrieb er es. Er ließ seine Rekruten vor einem Dorfkonsum mit Gasmaske in Stellung gehen und wer nicht schnell genug war, den unterzog er einer gesonderten Behandlung. Das waren gymnastische Turnübungen unter der Gasmaske. Er hatte die Kaserne noch gar nicht erreicht da lagen schon die ersten Beschwerden der Zivilbevölkerung beim Bataillonschef auf dem Tisch. Werner musste zum Rapport. Gib einem Arsch mit Ohren eine Uniform und er versinkt im Machtrausch.
Wenn die Jungs rein kamen sahen sie gewöhnlich wie Schwein aus. Ich half ihnen beim säubern der Sachen. Abends war wie immer Stubenreinigen angesagt mit anschließendem Stubenappell. Jeder Soldat hatte vor seinem Spind zu stehen. Der Stubenälteste, rief Achtung wenn der oder die Unteroffiziere erschienen und klopfte seinen Spruch. Alles lief nach dem gleichen Schema ab, Stubenältester Paulick, 9 Soldaten und ein Unteroffiziersschüler zum Stubenappell angetreten. Meistens kamen sie zu dritt, Uffz. Werner, Uffz. Penndorf und Uffz. Graichen. Während Werner und Penndorf sich in solche Sachen reinsteigerten hielt sich Uffz. Graichen auffällig zurück. Graichen wusste ganz genau wo es lang ging. Seine Dienstzeit endete mit der Unseren und er wollte es sich nicht mit denen verscherzen, die mit ihm nach Hause gingen. Eines der vielen ungeschriebenen Gesetze bei der Armee. 
Werner stank es gewaltig dass ich Innendienstkrank war. Mit Penndorf nahm er meinen Spind unter die Lupe und Tatsache sie fanden etwas. Ich hatte an der Ausgangsbluse, die falschen Knöpfe geschlossen und die Jacke der Wattekombi hatte ich vergessen zu zuknöpfen. Werner bekam einen Schreikrampf, unmöglich der Kerl und kippte mit Penndorf meinen Spind nach vorne um. Es war ihnen natürlich verboten so etwas zu machen aber sie fühlten sich im Rausch der Macht. Nur war Werner zu blöd so etwas richtig zu machen. Bei dem Umkippen des Spindes hatten sie nicht aufgepasst. Der Spind viel auf meine Schirmmütze und zerschlug den Plasteschirm an der Vorderseite der Mütze. Ich sagte, wenn der Zugführer das sieht, reicht das bestimmt für eine Degradierung. Werner wurde blass und sagte zu Penndorf, bis morgen früh brauchen wir eine neue Mütze und im übrigen hätte er es nicht so gemeint mit dem Umkippen. Dann richtete er mit Penndorf den Spind wieder auf. Steiger Andreas, einer von meinen Kameraden schüttelte verächtlich den Kopf. Im Anschluss räumten meine Kameraden und ich den Spind wieder ein.  Was mich verwunderte, die Uffze. hatten ganz schön zu kreiseln um mir eine neue Mütze zu verpassen. Es dauerte mehrere Tage bis sie eine hatten. An diesem Abend beschlossen wir enger zusammenzurücken. Wir das waren:
Guido Paulick
Thomas Kuchta
Andreas Kempe
Andreas Steiger
Bernd Heininger
Frank Spielvogel
Lutz Massi
Lutz Scheunert
Frank Böhr
Thomas Müller

Andreas Steiger fragte, ist einer von Euch in der Partei dann soll er es jetzt sagen, das wäre ehrlich. Alle schüttelten den Kopf.
In den nächsten Tagen versuchten die Unteroffiziere ihren Unteroffiziersschüler immer mehr auf ihre Seite zu ziehen. Das gelang ihnen auch problemlos. Sie holten ihn in ihr Zimmer, im Gegensatz zu den Soldatenzimmern lagen auf den Unteroffizierszimmer nur 4 Personen. Bei Werner im Zimmer war noch ein Bett frei. Schnell merkte Böhr das er nun zum persönlichen Pampel von Werner wurde. Am letzten Tag meines Innendienstkrank ging ich nach dem säubern der Offizierszimmer auf meine Stube. Jemand hantierte an dem frei gewordenen Spind herum. Als ich eintrat schaute er sich erschrocken um und nahm Haltung an. Lachend sagte ich, vor mir musst du das nicht machen ich bin auch nur ein Springer. Erleichtert sagte er, da wo ich herkomme mussten wir auch vor den E`s Haltung annehmen. Ich schaute auf seine Schulterstücke, er hatte welche mit weißer Umrandung. Kommst wohl von den Muckern ( Motschützen ) fragte ich, er nickte und sagte ich bin hierher versetzt worden. Ein Zuckerschlecken ist das hier auch nicht aber bestimmt besser wie bei den Muckern, antwortete ich, davon war ich fest überzeugt. Er streckte mir seine Hand hin und meinte, Scholz, Scholz Frank .
Ich bin Thomas und schüttelte seine Hand.
Am nächsten Tag musste ich wieder aktiv am Dienst teilnehmen. Es war Exerzieren angesetzt. Bis zur Vereidigung musste es perfekt klappen. 95% der Soldaten hatten es gut drauf. Nach einer Woche war noch einer übrig, bei dem wollte es überhaupt nicht klappen. Es war auch noch der Längste von uns neuen Rekruten. Im Chargon der NVA hießen solche Leute Passgänger. Eigentlich konnte er nichts dafür, die Natur hatte es eben so eingerichtet. Wenn beim Marschieren das rechte Bein nach vorne ging, bewegte sich der rechte Arm nach hinten. Beim Passgänger war das anders, da machten der rechte Arm und das rechte Bein, die gleichen Bewegungen. Penndorf meinte, da hat man jedes halbes Jahr welche darunter aber das wäre ein besonders hartnäckiger Fall. Der arme Kerl wurde jeden Tag nach Dienstschluss 1 bis 2 Stunden geschliffen. Es war wie eine Gehirnwäsche, nach 14 Tagen hatte er es geschafft und die Tortour war vorbei. Zwischenrein war immer mal wieder Theorie. Wir mussten die Dienstgrade der NVA aus dem FF beherrschen.
Soldaten              Unteroffiziere                Fähnriche
Soldat                  Unteroffizier                  Fähnrich                     
Gefreiter             Unterfeldwebel              Oberfähnrich    
Stabsgefreiter     Feldwebel                       Stabsfähnrich              
                             Oberfeldwebel                Stabsoberfähnrich                              Stabsfeldwebel                                                           
                                                                                  
                                                                                                                 

Offiziere                            Generäle                     Marschal der DDR
Unterleutnant                     Generalmajor
Leutnant                             Generalleutnant
Oberleutnant                      Generaloberst
Hauptmann                         Armeegeneral                                    
Major                   
Oberstleutnant                                                                  
Oberst                                                                                       

                                                                                                                                                             
Die E`s meinten immer es gibt sowieso nur zwei richtige Dienstgrade bei der NVA, den Gefreiten und den General, denn beides fängt mit G an. Apropo E’s, der merkwürdigste von ihnen war Fähnrich Guse, seines Zeichens Hauptfeld. Er hatte  fast 25 Jahre bei der Armee gedient. In 14 Tage stand seine Entlassung an. Ihm ging fast alles am Hintern vorbei. Bei der NVA wurde ende der siebziger Jahre der Dienstgrad Hauptfeldwebel außer Kraft gesetzt. Dafür wurden die Fähnrichdienstgrade eingeführt. Der Begriff Hauptfeldwebel wurde nur noch als Dienstrang geführt. Im Sprachgebrauch sagte man, der Hauptfeld und der war für Ausgang und Urlaub zuständig. Eine Schlüsselposition in jeder Kompanie. Wer 25 Jahre bei dem Haufen war, dem konnte man nichts vormachen. Ich war froh dass er nach Hause ging. Einmal erlebte ich wie er 5 Soldaten vom zweiten Diensthalbjahr den Ausgang verhagelte. Bevor sie in den Ausgang gingen kontrollierte der Fähnrich die Anzugsordnung. Den Ersten ließ er abtreten, weil die Ausgangsbluse nicht ordentlich gebügelt war, den Zweiten lies er wegtreten, weil die Bügelfalte in der Hose nicht exakt war, beim Dritten stellte er fest ein Jackenknopf war nicht richtig angenäht, beim Vierten waren die Haare zu lang und der Fünfte hatte keine langen Unterhosen an.  Bei der NVA musste lange Unterwäsche im Sommer wie im Winter getragen werden. Das Material aus dem die Uniformen gefertigt wurden, waren so rau, das man sich einen Wolf laufen konnte. Damit war nicht zu spaßen. Aufgeriebene Oberschenkel im Schritt war eine schmerzhafte und unangenehme Sache. Mit drei Stunden Verspätung kamen die Soldaten zu ihrem Ausgang.
In einer Woche sollte Vereidigung sein alle Vorbereitungen liefen auf vollen Touren. Erstmalig in der Geschichte des Bataillons sollten die Rekruten nach der Vereidigung  2 Stunden Ausgang erhalten um mit den Angehörigen das würdige Ereignis zu feiern. Immer wieder wurde der Ablauf geübt. Irgendein Vorgesetzter betete den Fahneneid vor und wir Soldaten plapperten ihn nach. Mir war schon klar dass dieser Eid einen erst richtig zum Soldaten machte. Dann war man für seine Taten selber verantwortlich, trotzdem hob mich die Sache nicht an. Der Ausgang war mir wichtig, meinen Vater und Bruder zu sehen und vor allem Conny.

Der Fahneneid

Ich schwöre
Der Deutschen Demokratischen Republik ,
Meinem Vaterland, allzeit treu zu dienen
Und sie auf Befehl der Arbeiter und Bauern – Regierung
Gegen jeden Feind zu schützen

Ich schwöre
An der Seite der Sowjetarmee und den Armeen
Der mit uns verbündeten sozialistischen Ländern
Als Soldat der nationalen Volksarmee
Allzeit bereit zu sein,
den Sozialismus gegen alle Feinde zu verteidigen
und mein Leben zur Erringung des Sieges einzusetzen.

Ich schwöre
Ein ehrlicher, tapferer, disziplinierter
Und wachsamer Soldat zu sein.
Den militärischen Vorgesetzten
Unbedingten gehorsam zu leisten
Die Befehle mit aller Entschlossenheit zu erfüllen
Und die militärischen und staatlichen Geheimnisse
Immer streng zu wahren.

Ich schwöre
Die militärischen Kenntnisse gewissenhaft zu erwerben,
Die militärischen Vorschriften immer zu erfüllen
Und immer und überall die Ehre unserer Republik
Und ihrer Nationalen Volksarmee zu wahren.
Sollte ich diesen meinen feierlichen Fahneneid verletzen,
so möge mich die harte Strafe des Gesetzes unserer Republik
und die Verachtung des werktätigen Volkes treffen.

Die E’s auf der Kompanie tobten. Ausgang zum Fahneneid, wo gibt es denn so was, das habt ihr nicht drauf. An dem Abend war auf dem Gang die Höhle los. Ein furchtbares ratschen, poltern und brüllen war zu hören. Es ging immer ratsch, ratsch, ratsch in einer unheimlichen Lautstärke, dann polterte ein Metallgegenstand über den Flur der irgendwo Einschlug unter dem frenetischen Geschrei der EKs. Massi sagte ich geh auf die Toilette und schau mal was die machen. Er trat durch die Zimmertür, schon brüllte es auf dem Gang. Verschwinde du Springschwein oder du bist fällig. Eilig kam Lutz wieder ins Zimmer und sagte die machen EK – Kugeln. Mit den Stubenhockern ratschen sie über die Riffelfließen und fangen mit den Hockern die Kugel ab. Das ging die nächsten zwei Stunden so. Immer wieder grölten sie das Lied, he Buckels lasst uns doch in ruh. Das war die EK Version des Pink Floayd Liedes Another brick in the Wall, das seit Wochen in den westdeutschen Hitparaden auf Platz 1 lag. Am nächsten Morgen wusste es der Major, Der Uffz. vom Dienst (UvD) und der Gehilfe des Uffz. vom Dienst (GUvD) hatten es dem Offizier vom Dienst (OvD) gemeldet. Dieser wiederum hat es dem Major gesteckt. UvD’s und OvD’s gab es in jeder Kaserne der NVA. Das war ein 24 Stundendienst. Danach wurden sie abgelöst und neue Offiziere bzw. Uffze. übernahmen den Dienst. Sie waren in erster Linie für die militärische Ordnung auf der Kompanie und in der Kaserne verantwortlich. Beim Morgenappell tobte der Major wie ein Wahnsinniger, er ließ den UvD mit einem Besenstiel die Fließen abklopfen und bei jeder Fließe die hohl klang, brüllte er wie vom Affen gebissen, das bezahlen die E’s. Mit einem Schlag wurde mir klar, der kann einfach nicht gesund sein, kein Wunder das er als Major nur den Rang eines Kompanieführers begleitete. Was die E’s gemacht hatten war nicht nur nicht in Ordnung, es war auch verboten. Die Stahlkugel die sie über den Gang gerollt hatten, war eine abgesägte 10 kg Handel gewesen. Aber das EK – kugeln war ein altes Ritual in der NVA und allgemein bekannt und nicht nur bei der Armee. Als Hauptschuldigen machte er den Gefreiten Schleicher aus, wie er gerade auf ihn kam blieb mir ein Rätsel. Er brüllte ihn an, ich lasse sie degradieren. Nur hob den das überhaupt nicht an. In seiner Wut brüllte er weiter, ich lasse ihre Frau herbestellen, damit sie mal sieht was sie geheiratet hat. Die Kompanie johlte vor Freude, Schleicher hatte schon lange keinen Urlaub mehr gehabt. Für ihn war es eher wie eine Auszeichnung seine Frau sehen zu dürfen. Schleicher meinte, wenn die Armee die Zugfahrt bezahlt wird sie sicherlich kommen. Das regle ich schrie der Major in seiner Rage. Was ich nicht für möglich gehalten hatte, Frau Schleicher kam wirklich in die Kaserne. Für beide war das Wiedersehen eine glückliche Fügung. Als Gefreiter Schleicher über den Gang schlurfte den ich gerade kehren musste, sagte ich zu ihm, na Schmidchen – Schleicher da hast du aber Glück gehabt. Er meinte, warte Müller, du bist auch noch dran. Zwei Tage später sagte Uffz. Werner zu mir,  los Müller Klo schruppen und schöne Grüße von Schleicher. Es machte mich nicht an.
Am Wochenende war Vereidigung. Ich war  mächtig aufgeregt. Es war schon wie ein kleines Wunder gewesen das wir mal Zeit fanden einen kurzen Brief an unsere Angehörigen zu schreiben, um die Mitteilung durchgeben zu können, was, wann, wie und wo. Einen Tag vor der Vereidigung kündigte sich auf der Kompanie Besuch an. Die Stabsoffiziere und Major Schmalz der Chef der A - Kompanie wollten sich über das Wohlergehen der neuen Rekruten erkundigen. Wir warteten in unseren Zimmern auf die Buckel ( Schimpfwort für Offiziere, der Name Buckel kam von den vielen Tagen, die sie noch ab zudienen hatten ). Die Tür ging auf, Major Schmalz betrat die Stube, Uffz. Werner brüllte Achtung, wir sprangen von den Hockern auf, Werner machte Meldung. Schmalzig erkundigte sich dieser Uhu, wie es uns geht. Stellte sich in unsere Mitte und machte einen auf Kumpel. Wollte von jedem wissen, was er im zivilen Leben macht. Uffz. Werner brüllte in seiner Dummheit, ich will Polizist werden, Genosse Major. Der Schmalzige fand lobende Worte dafür. Hinter vorgehaltener Hand, pinkelte ich mir vor lachen bald ein. So dumm wie der war, gab es gar keinen besseren Beruf für ihn. Das war auch der Wendepunkt in der Einstellung von uns zu ihm gewesen. Stück für Stück verlor er das noch letzte bisschen Ansehen. Als die beiden Vögel das Zimmer verlassen hatten, meinte Thomas Kuchta, dass hätten sie voll stecken lassen können.
Am nächsten Tag in der 10 Stunde trudelten Conny, Vater und Tobias ein. Ich holt sie am Kasernentor ab und ging mit ihnen in das Besucherzimmer. Ich erläuterte ihnen den Tagesablauf. Conny meinte du bist schmal geworden. Ja, das liegt am schlechten Essen antwortete ich. Das Essen in der Kaserne war wirklich ein Fraß. Und bei Dir, wie sieht es da aus? Sie knöpfte den Mantel auf, ein kleiner Bauch war schon zu sehen. Ich musste zurück auf die Kompanie mich für die Vereidigung umziehen. Flux schlüpfte ich in meine Ausgangsuniform. In dem Wintermantel hing ich drin wie ein Schluck Wasser. Der war mir wenigstens zwei Nummern zu groß. Selbst Uffz. Werner viel das auf, der sonst nicht viel merkte. Mensch Müller, wie sehen sie denn aus, eine Vogelscheuche ist nichts gegen sie, brüllte er. Sehen sie zu das sie in der Kleiderkammer einen neuen Mantel bekommen, ich rede gleich mal mit Uffz. Graichen. Graichen war für die Kleiderkammer verantwortlich und schaute ob er noch einen Ersatzmantel fand. Er hatte einen, der war aber immer noch zu groß, es sah aber schon viel besser aus. Die Vereidigung fand auf dem Exerzierplatz statt. Das Primbramborium  dauerte ungefähr eine Stunde, dann stand der Ausgang an. Im Vorfeld hatten die Uffze. uns schon klar gemacht, was denjenigen erwartet, der versucht Alkohol in die Kaserne zu schmuggeln oder nur eine Minute zu spät aus dem Ausgang kommt.
Vater lud uns zum Mittagessen ein. Er wollte unbedingt in dem Hotel essen, wo einst Willi Brandt genächtigt hatte. Das Hotel befand sich unmittelbar vor dem Erfurter Hauptbahnhof. Es hieß der Erfurter Hof. Mit Vaters Auto waren wir schnell dort. Die Zeit verging wie im Flug. Ich musste zurück in die Kaserne. Vorher kaufte ich im Bahnhof noch zwei große Flaschen Goldbrand. Bevor ich mich von Conny, Vater und Tobias verabschiedete, passte ich auf ob die Soldaten am KDL (Kontrolldurchlass) uns nach Alkohol kontrollierten. Das machten sie nicht, also wusste ich, sie werden uns auf der Kompanie kontrollieren. Wie immer verabschiedete ich mich kurz und schmerzlos von meinen Dreien und machte mich in die Kaserne, bloß nicht über den Abschied nachdenken war die Devise. Ehe ich auf die Kompanie ging, verschwand ich erst einmal im Keller und versteckte die Schnapsflaschen. Dann stieg ich die Treppen hinauf zur Kompanie. Mit dem UvD lauerten schon die anderen Uffze. auf uns. Ich musste meinen Mantel ausziehen, Leibesvisitation war angesagt. Bei keinem von uns fanden sie Alkohol. Konnten sie auch nicht, denn ich war der Einzige von uns der welchen eingeschmuggelt hatte. Kempe Andreas wollte wissen, wie ich ihn hochbringen will. Nichts einfacher als das meinte ich. Beim Stubensäubern werde ich heute den Mülleimer runter schaffen, dann bring ich die Flaschen im leeren Eimer mit. 18.00 Uhr machte ich mich auf den Mülleimer zu leeren. Nach dem ich die Flaschen sorgsam mit Papier eingewickelt hatte, damit sie im Eimer nicht klapperten brachte ich die Flaschen aufs Zimmer. Uffz. Werner kam aufs Zimmer um zu schnüffeln. Kurz danach kam Frank Scholz herein und fragte habt ihr sie schon oben, er hatte nicht mitbekommen das Werner auf dem Zimmer war. Werner fragte wen? Frank erschrak und sagte niemand. Werner wurde misstrauisch, Müller wer sollte hoch geholt werden? Woher sollte ich das wissen und schüttelte den Kopf. Da sagte Heini zu ihm, ich werde es ihnen sagen, aber sollten sie uns daraus einen Strick drehen, wird sich das hier jeder einzelne ganz genau merken. Er ging die zwei Flaschen holen und stellte sie auf dem Tisch. Werner starrte die Flaschen an, es war grabesstill im Zimmer. Auf einmal sagte Werner ich geh meinen Becher holen. In der nächsten halben Stunde wurden die Flaschen vernichtet. Soviel war ja in den Flaschen auch nicht drinnen, dass sich 11 Mann davon hätten betrinken können.   Am nächsten Tag war Kultur angesagt. Sonntag nach dem Frühstück ging es nach Weimar auf den Ettersberg in das KZ. Von unserem Zimmer aus schauten wir immer auf das Mahnmal. Obwohl es ungefähr10 km Luftlinie entfernt lag, konnte man es gut sehen. Wir stiegen auf die Lkw`s und los ging es. Am Ehrenmal hielten wir eine Schweigeminute. Bei der Besichtigung des KZ`s  bummelte ich etwas hinterher. Ein älterer Mann sprach mich an, was denn das Militär im KZ macht. Ich sagte zu ihm dass wir gestern vereidigt wurden und dass es Tradition im Bataillon wäre, den Opfern des Faschismus  zu gedenken. Eine schöne Tradition meinte er, in meinem Land gibt es so etwas nicht. Wo kommen sie denn her, fragte ich? Aus der BRD, antwortete er. Hm, meinte ich, in Weimar der Stadt der Denker und Dichter gibt es bestimmt schönere Sachen anzuschauen, wie ein KZ.  Das kann schon sein antwortete er, aber ich habe dieses Lager überlebt. Normalerweise hätte ich dieses Gespräch melden müssen. Wir waren gleich in den ersten Tagen belehrt wurden, wer Kontakt zu Personen aus dem westlichen Ausland hatte, hat dieses auf der Kompanie anzuzeigen. Ich schenkte mir das, für solche Sachen hatte ich noch nie Verständnis gehabt.

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